Lucca (25.09.) – Mittelalterliches Flair im Regen von Lucca

Die längste Etappe unseres 14-tägigen Urlaubs im Norden Italiens war nach knapp zwei Stunden und 160 Kilometern schon wieder vorüber. Um für unseren Rückflug übermorgen von Pisa nicht mitten in der Nacht aufstehen zu müssen, fuhren wir heute bereits weiter in Richtung Südosten – zu unserem etwas nördlich von Pisa gelegenen Übernachtungsort Lucca. Damit endete auch unsere Reise durch Ligurien, denn kurz hinter La Spezia verließen wir die drittkleinste Region Italiens und betraten toskanischen Boden.

Schon die Römer siedelten an der Stelle des heutigen Lucca und hinterließen ihre Spuren in der Stadt – doch dazu mehr bei unseren Erkundungen. Der Reichtum der Stadt gründete sich im Mittelalter auf die Herstellung von luxuriösen Seidenstoffen, deren Farbenpracht in Europa als unübertroffen galt. Um die Stadt vor Angriffen zu schützen, wurde im 16. Jahrhundert damit begonnen, einen 4,2 Kilometer langen Schutzwall um die Stadt zu errichten. Dieser musste jedoch nie seinen Nutzen als Verteidigungsanlage unter Beweis stellen, ist in seiner Form aber heute noch vollständig erhalten. Ein breiter Spazierweg auf der mächtigen Stadtmauer, beliebt für sportliche Aktivitäten und Veranstaltungen oder einfach nur für einen nachmittäglichen Bummel, führt einmal um die gesamte Stadt herum.
Die Altstadt Luccas ist weitgehend autofrei beziehungsweise nur mit einer Genehmigung zu befahren. Beim Spaziergang durch die mittelalterlichen Gassen mussten wir jedoch mehr als einmal den Weg für kleine Stadtbusse und Anwohner frei machen – die schmalen Gassen wurden dadurch schon mal zur Geduldsprobe.

Nicht immer einfaches Durchkommen für Fahrzeuge und Fußgänger

Außerhalb der Stadt wurden für die zahlreichen Besucher großräumig Parkplätze geschaffen. Auf einem davon stellten auch wir unseren Mietwagen für die kommenden beiden Tage kostenfrei ab und machten uns zu Fuß auf den etwa 15-minütigen Weg zu unserer Unterkunft. Wir hatten Glück und unser Appartment war bereits kurz nach 13 Uhr bezugsfertig. Nach dem Auspacken wurden wir beim anschließenden Einkauf einiger Lebensmittel für das Frühstück der nächsten Tage von einem heftigen Regenschauer überrascht. Ohne Regenschirm bewaffnet blieb uns nichts anderes übrig, als uns unterzustellen und abzuwarten, bis sich der Regen wieder legte.

Da hilft der Regenschirm auch nur noch bedingt

Kaum waren wir trocken in der Unterkunft angekommen, ließ der nächste Schauer nicht lange auf sich warten. Draußen plätscherte es ordentlich, und so starteten wir unsere ersten Erkundungen der Stadt erst nach 17 Uhr.

Die Piazza San Michele bildete bereits zu Römerzeiten den zentralen Platz, an dem sich das politische, juristische, wirtschaftliche und religiöse Leben des Ortes abspielte. Hier trafen sich die beiden Hauptachsen der Siedlung. Seit dem 12. Jahrhundert steht auf dem Platz die Kirche San Michele in Foro (“St. Michael auf dem Forum” – auch der Name erinnert an das römische Forum, das hier seinerzeit stand) mit einer reich verzierten Westfassade. Auf dem Giebel krönt die Figur des Erzengels Michael das Bauwerk.

Der Stein und die kleinen Säulen erinnern nicht von ungefähr an den Fassadenschmuck des schiefen Turms von Pisa.
Bis dorthin sind es Luftlinie nur 15 Kilometer
Der Besieger des Satan – Erzengel Michael

Schaut man sich diese Figur von der Seite an, so fällt auf, dass sie deutlich über den Rest der Kirche hinausragt. Ursprünglich war geplant, ein höheres Mittelschiff zu bauen, das jedoch nie realisiert wurde. Im spartanisch ausgestatteten Inneren fällt sofort das große gemalte Kreuz aus dem 13. Jahrhundert auf dem Hochaltar ins Auge.

Hochaltar der Kirche San Michele in Foro

Auf dem weiteren Rundgang durch die Stadt konnte Jochen nicht widerstehen, die 230 Stufen des 45 Meter hohen Torre Guinigi hinaufzusteigen, um sich die Stadt von oben im Abendlicht anzuschauen. Ungewöhnlich ist, dass sich auf dem Dach des Turms ein kleiner Garten mit einem gemauerten Pflanzkasten befindet, in dem hoch über Lucca sieben Steineichen in die Höhe wachsen. Die Familie pflanzte sie hier als Symbol für Wiedergeburt und Erneuerung.

Vor jedem schönen Ausblick wartet immer eine lange Treppe
In den Bergen nördlich von Lucca hängen noch die Regenwolken – im Vordergrund der Dom Luccas, ein Ziel für morgen
Hinter dem Torre delle Ore (Stunden- oder Uhrturm) versucht sich die Sonne ihren Platz am Himmel zu erkämpfen
Noch mehr Touristen wollten den Ausblick genießen

Auf dem Weg zum Abendessen passierten wir einen weiteren Platz mit römischem Ursprung. Die elliptische Form der Piazza dell’Anfiteatro zeichnet die Umrisse des ehemaligen römischen Amphitheaters nach. Die Steine der Arena wurden im Laufe der Jahrhunderte abgetragen, ein Platz für öffentliche Zusammenkünfte blieb bis heute bestehen. Gladiatorenkämpfe und Pferderennen finden hier heute nicht mehr statt, als Veranstaltungsort für Konzerte und Ausstellungen wird er jedoch weiterhin genutzt. An lauen Sommerabenden bieten Restaurants und Bars der umliegenden Gebäude ihren Gästen Speisen und Getränke an.

Nette Piazza für einen schönen Sommerabend

An der romanischen Kirche San Frediano fällt das markante Mosaik mit der Darstellung der Himmelfahrt Christi ins Auge. Ungewöhnlich ist zudem, dass die Fassade nicht nach Westen, sondern nach Osten ausgerichtet ist – ein Umstand, der der Lage der Kirche geschuldet ist. In direkter Nähe war eine neue Stadtmauer entstanden, und bei einer Ausrichtung gen Westen hätte sich der Eingang zur Kirche direkt an der Mauer befunden.

Das mittelalterliche Mosaik musste im 19. Jahrhundert stark ergänzt werden

Gleich um die Ecke hatten wir unser Ziel erreicht: die Pizzeria SUD. Der in Neapel geborene Antonio Ilardi hat es geschafft, sich mit seiner Pizzeria unter die Top 50 Pizzerien des Landes zu kochen – oder besser gesagt, zu backen. Die Pizzeria war gut besucht, am Nachbartisch feierte eine größere Gruppe amerikanischer Frauen einen Geburtstag. Wir waren froh, ohne vorherige Reservierung noch einen Tisch bis 20 Uhr zu bekommen und genossen in den folgenden 90 Minuten unser Essen und die schöne Atmosphäre in der kleinen Pizzeria.

Morgen Vormittag sind weitere Regenfälle angekündigt – aber Lucca hat auch für solche Fälle vielfältige Möglichkeiten für Aktivitäten zu bieten.

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