Nach dem gestrigen Ausflug ins Umland stand heute eine ausgiebige Erkundung der Innenstadt von Genua auf dem Programm. Einen ersten kleinen Einblick hatten wir bereits bei der Anreise bekommen, als wir vorgestern entlang der prächtigen Palazzi in der Via Garibaldi spazierten. Die Macht der Seerepublik Genua im Mittelalter wurde uns schon während unserer Reise entlang der ligurischen Küste eindrucksvoll vor Augen geführt. Jede der kleinen Städte besaß eine Festung oberhalb des Wohnbereichs zum Schutz vor feindlichen Angriffen. Insbesondere Venedig und Genua waren erbitterte Rivalen um die Vorherrschaft im Mittelmeer. Der sicherlich bekannteste Genueser, Christoph Kolumbus, wurde um 1451 hier geboren und entdeckte auf seiner ersten Reise im Oktober 1492 eine Insel der Bahamas sowie weitere Karibikinseln – was allgemein als die Entdeckung Amerikas angesehen wird.
Unseren Rundgang starteten wir an der zentralen Piazza de Ferrari, einem Verbindungsstück zwischen Altstadt und neueren Stadtvierteln. Hier gruppieren sich das Opernhaus Teatro Carlo Felice, der monumentale Bau der neuen Börse, der Ostflügel des Palazzo Ducale und der Sitz des Regionalrats von Ligurien rund um die prächtige Fontäne. Cafés und Bars laden Besucher zum Verweilen ein. Von hier aus tauchten wir ins Herz der Altstadt ein.


Die Piazza di San Matteo ist die älteste erhaltene Platzanlage in Genua aus dem 12. Jahrhundert und wird geprägt von der Familie Doria, der bedeutendsten Familie im 12. und 13. Jahrhundert. Mitglieder der Familie kommandierten die Genueser Flotte in kriegerischen Auseinandersetzungen. Das wohl bekannteste Mitglied war Andrea Doria, geboren 1466 in Genua. Er zog für seine Heimatstadt gegen die Franzosen auf Korsika in den Kampf und kämpfte für Kaiser Karl V. gegen die Türken, die Wien angriffen. Auf der Fassade der Kirche San Matteo, Familienkirche und Grablege der Doria, sind Details über die Siege der Familie in weißen Marmor gemeißelt.

Das Innere ist überbordend mit Stuck, Fresken und Skulpturen ausgeschmückt. Die Aufsichtsperson in der Kirche war so freundlich, uns vieles zu erklären – leider auf Italienisch, sodass wir nicht wirklich viel verstanden. Aber irgendwie konnten wir mit Händen und Füßen das Wesentliche begreifen. Schließlich führte sie uns hinab in die Krypta, in der Andrea Doria bestattet ist.

Ältere Leser können mit dem Namen „Andrea Doria” sicherlich noch etwas anderes verbinden: Der Song Alles klar auf der Andrea Doria sorgte Anfang der 1970er für den Durchbruch von Udo Lindenberg in Deutschland. In dem Lied geht es allerdings nicht um die historische Person Andrea Doria, sondern um den Untergang des italienischen Luxusliners Andrea Doria im Jahr 1956 nach einer Kollision mit dem schwedischen Schiff MS Stockholm, wobei 46 Menschen starben.
Unweit der Piazza San Matteo steht die wichtigste Kirche Genuas, die ebenfalls in schwarzem und weißem (und an den Säulen der Portale auch rot und grün) Marmor gehaltene Kathedrale San Lorenzo. An der imposanten Westfassade vom Anfang des 14. Jahrhunderts mit den drei Portalen lassen sich einige spannende Details entdecken – so zum Beispiel die beiden mächtigen Löwen, die rechts und links die Kirche bewachen. Auf der rechten Seite steht die Statue eines Messerschleifers, der den Evangelisten Johannes mit einer Sonnenuhr in der Hand darstellt.

Im Innern ist die prunkvolle Kapelle im linken Seitenschiff beeindruckend, in der die Asche Johannes des Täufers aufbewahrt wird.

Wir verließen den Dom, traten wieder ans Tageslicht und entdeckten um die Ecke weitere interessante Steinmetzarbeiten, bevor wir unseren Rundgang fortsetzten.




Weit mussten wir dafür nicht gehen: Linkerhand erblickten wir die Hauptfront des Palazzo Ducale, Amtssitz des Dogen, also des Staatsoberhaupts der Republik Genua. An der Fassade sind eine Reihe berühmter Häftlinge als Statuen in Eisenketten dargestellt. Heute ist das Gebäude Kulturzentrum und damit ein Ort für Ausstellungen, Konzerte und Messen.
Nur wenige Schritte weiter reckt die Chiesa del Gesù ihre barocke Fassade und ihre Türme in die Höhe. Das Innere ist reich mit Gold, Marmor und Stuck ausgekleidet – und wäre das nicht schon Reichtum genug, so finden sich in der Kirche zwei Werke von Peter Paul Rubens: „Die Beschneidung Jesu” und „Das Wunder des hl. Ignatius”.


Wie so oft lohnt auch hier ein Blick nach oben auf den Freskenzyklus im Deckengewölbe „Triumph des Namens Jesu”, der zwischen 1672 und 1685 entstand und nahezu den gesamten Kirchenraum überspannt.
Wir hatten uns eine kurze Pause auf der Piazza de Ferrari verdient, wo wir unseren Rundgang gestartet hatten. Von dort aus liefen wir Richtung Alter Hafen, wo Yachten auf einen Ausflug ihrer Besitzer warten, Besucher das größte Meerwasseraquarium Europas bestaunen können oder einen Blick auf den originalgroßen Nachbau eines spanischen Segelschiffs werfen können, das als Requisit für Roman Polańskis Film Piraten diente.
Aber erstmal ein paar Eindrücke aus dem Altstadtviertel Genuas:



In anderen Städten steht an so prominenter Stelle ein Riesenrad, mit dem man sich einen Überblick verschaffen kann – in Genua erledigt dies der Panoramaaufzug Bigo. Die Metallkonstruktion, an der der Aufzug hängt, wurde anlässlich der Kolumbusfeiern im Jahr 1992 errichtet und ist den alten hölzernen Ladekränen nachempfunden. Der Aufzug befördert Gäste wie uns bis auf eine Höhe von 40 Metern, dreht sich mehrmals um die eigene Achse und bietet so einen wundervollen Panoramablick über die Altstadt von Genua und die neben dem Hafenbecken am Kreuzfahrtterminal liegenden Kreuzfahrtschiffe.
Anschließend spazierten wir wieder zurück zur Piazza de Ferrari, wo die Prachtstraße Via XX. Settembre beginnt. Nur einige Meter vor dem ehemaligen Stadttor Porta Soprana, an dem man die Altstadt verlässt, steht linkerhand ein kleines Haus, ziemlich verlassen zwischen den übrigen modernen Gebäuden: Hier soll Christoph Kolumbus zwischen 1455 und 1460 angeblich gelebt haben. 1887 wurde das Haus von der Stadt Genua aufgekauft, um einen greifbaren Beweis der Genueser Herkunft des berühmten Seefahrers präsentieren zu können.
Boutiquen und Kaufhäuser, Kinos und Cafés locken Besucher auf der Via XX. Settembre zu einem Spaziergang unter den prunkvollen Arkadengängen.

Hinter einer der Häuserfronten verbirgt sich der Mercato Orientale mit einer Vielfalt an Obst, Gemüse, Fisch und Fleisch. Der Markt besteht seit 1889 – der Name ist jedoch ein wenig irreführend, denn man bekommt keinen orientalischen Markt zu sehen. Vielmehr liegt der Markt von der Altstadt aus gesehen im Osten der Stadt.
Wieder in unserer Unterkunft angekommen, legten für ein paar Minuten die Füße hoch. Kurz nach 18 Uhr machten uns auf zum Abendessen – in der Annahme, die von uns ausgewählte Trattoria Vegia Zenia sei durchgehend geöffnet. Beim Reinkommen war jedoch lediglich eine Servicekraft vor Ort, die leider kein Englisch sprach oder verstand. Wir sollten uns an einen Tisch in dem noch komplett leeren Restaurant setzen und – wie wir verstanden – 10 Minuten warten. Kurze Zeit später kamen weitere Mitarbeiter herein, die sich sichtlich wunderten, dass bereits Gäste anwesend waren. Eine Englisch sprechende Servicekraft informierte uns dann, dass die Küche erst in 25 Minuten – um 19 Uhr- öffnete.
Getränke konnten wir allerdings schon einmal bestellen und unser Essen auswählen – und kurz nach 19 Uhr wurde uns dann auch unsere Pasta schon serviert.



Der nächtlich angestrahlte Dom lag auf einem kleinen Umweg, den wir zu unserer Unterkunft nahmen – und gar nicht so überraschend fanden wir auch eine geöffnete Eisdiele für ein letztes Gelato in Genua.
Morgen treten wir den Weg zu unserem letzten Übernachtungsort Lucca an, der bereits nicht mehr in Ligurien, sondern in der Toskana liegt. So haben wir es am letzten Urlaubstag nicht mehr allzu weit zum Flughafen in Pisa.