Die Stadt Soltau erreichte überregionale Bekanntheit durch den Heide-Park – nach dem Europa-Park in Rust ist es der zweitgrößte Freizeitpark in Deutschland. Kinderaugen werden groß und Fahrgeschäfte treiben den Adrenalinspiegel in die Höhe. Wer lieber anderweitig sein Geld investieren will, der ist im Designer Outlet Soltau direkt an der A7 gut aufgehoben. Natur ist rund um Soltau ebenso genügend zu finden – schließlich befindet man sich hier im Herzen der Lüneburger Heide.
Aber es gibt noch mehr zu entdecken: Bei den regnerischen Wetteraussichten klang heute ein Besuch des Spielmuseums verlockend, das aus der privaten Sammlung der Soltauer Familie Ernst hervorging.
Bereits von außen ist das Museum ein Hingucker. Um es barrierefrei zu gestalten, wurde neben dem historischen Ebelmeyerhaus ein Aufzugturm gebaut, dessen Spitze ein goldenes Häuschen mit einem Veranstaltungsraum krönt, der zu museumspädagogischen Zwecken genutzt werden kann.
Im Inneren startete unser Rundgang vor einem Schaufenster mit der Sammlung eines Stader Spielwarengeschäfts. Jedes Jahr zum Advent kreierte die Familie in mühevoller Arbeit neue Kulissen für ihre Schaufenster. Nachdem das Geschäft aufgegeben wurde, überließ man die umfangreiche Sammlung dem Spielmuseum Soltau.
Beeindruckend auch die Nachbildung einer Arche Noah aus dem Erzgebirge -neue Erkenntnis für uns: Nicht nur Räuchermännchen und Pyramiden kommen von dort.
Am eindrucksvollsten ist aber sicherlich das größte Exponat im Museum – Dingley Hall aus dem 19. Jahrhundert, ein dreigeschossiges Puppenhaus mit 15 Räumen, darunter ein japanischer Salon, eine Hauskapelle und eine Bibliothek. Gebaut wurde es 1875-1881 von den beiden englischen Bankierssöhnen Isaak und Laurence Currie. Einzelne Stücke der Miniatur-Einrichtung lassen nachvollziehen, wo die Familie in Europa unterwegs war. So findet sich in den Zimmern beispielsweise eine Figur aus dem Grödner Tal oder ein Mini-Kronleuchter aus Murano bei Venedig.
Interessante Stücke des Museums sind auch die ausgestellten Miniaturküchen, die neben dem Detailreichtum unter anderem den Übergang von offenem Feuer der Küchen aus dem 18. Jahrhundert zum Elektroherd aus der Küche des 20. Jahrhunderts zeigen.
Einzelne Modelle waren gar nicht für spielende Kinder konzipiert, sondern sollten den Original-Verkaufsraum maßstabsgetreu nachbilden, wie beispielsweise bei einer Berliner Conditorei.
Bereits in einem Museum in Hanau hatten wir Ausstellungsstücke zu einem Papiertheater gesehen, mit dem auch heute noch Vorführungen gezeigt werden. Auch Papiertheater hat das Spielmuseum Soltau im Bestand, außerdem gab es ein Schattentheater aus Nürnberg zu sehen, mit dem Märchen und Geschichten als Schatten zum Leben erweckt werden können.
Puppen durften in der Sammlung natürlich ebenso wenig fehlen wie Ausstellungsstücke einer Märklin Eisenbahn und Miniatur-Autos.
Aber nicht nur ehrfurchtsvolles Staunen über den Erfindungsreichtum vergangener Jahrhunderte war angebracht, die Besucher durften auch selbst einige der Spielzeuge ausprobieren – wir hatten Spaß dabei.
Die Sammlung ist mittlerweile so umfangreich geworden, dass die drei Stockwerke des Haupthauses nicht mehr ausreichen. In der Museumszweigstelle in der Nachbarschaft findet sich eine neue Ausstellungseinheit mit fantastischen mechanischen Blechfiguren der französischen Spielzeugfirma Fernand Martin und mit Spielzeug aus der Zeit um die Jahrhundertwende aus Nürnberg, der Spielzeugstadt in Deutschland.
Einige der in Vitrinen stehenden Figuren bekamen über Monitore mit einem Video, das die Figur in Aktion zeigte, Leben eingehaucht.
Kurz bevor das Museum um 18 Uhr seine Pforten schloss, beendeten wir unseren Rundgang durch die Ausstellung und machten uns auf dem Weg zum Abendessen: zum zweiten Mal italienisches Essen in Soltau, doch heute im Ristorante / Pizzeria Don Camillo. Wir waren kurz vor sechs das zweite Paar, das einen Tisch haben wollte – zehn Minuten später waren bereits über die Hälfte der Tische vergeben. Die Pizza bekommt von uns eine klare Empfehlung – und der Service ebenfalls.
Auf dem Weg zurück zum Auto bewunderten wir in der Fußgängerzone die im Himmel hängenden Regenschirme und mussten sofort ein Foto machen – zum Glück hatten wir ein passendes Fotomodell dabei.
Morgen wollen wir nach Lüneburg, das Wetter bessert sich hoffentlich noch.