Berlin 20.04. – Pack die Badehose ein, nimm’ Dein kleines Schwesterlein und dann fahren wir zum Wannsee

Der Morgen in Berlin begrüßte uns mit strahlendem Sonnenschein, eine willkommene Abwechslung zum Grau der letzten Tage. Und so war es nicht verwunderlich, dass wir nicht die Einzigen waren, die bei herrlichem Sonnenschein den Wannsee als Ziel für einen Osterausflug ausgewählt hatten. Über den Zoologischen Garten fuhren wir zunächst mit dem Bus nach Dahlem, einem Stadtteil im Südwesten Berlins, um uns das Brücke-Museum anzusehen.

Kurz vor dem ersten Einlass um 11 Uhr war noch nicht viel los

Das Museum wurde 1964 von Karl Schmidt-Rottluff an dessen Wohnort Berlin gegründet und drei Jahre später in einem Neubau in Dahlem eröffnet. Die Brücke war eine 1905 in Dresden von den Architekturstudenten Karl Schmidt-Rottluff, Ernst Ludwig Kirchner, Fritz Bleyl und Erich Heckel gegründete Künstlergruppe. Die Mitglieder der Gruppe gelten heute als wichtige Vertreter des Expressionismus.

Anlässlich des 120jährigen Gründungsjahres der Künstlergruppe durften 120 Berliner*innen, Personen des öffentlichen Lebens aus Kultur, Politik und Gesellschaft ebenso wie Menschen aus dem Museumsumfeld ihr Lieblingswerk aus dem Bestand des Museums wählen. Darunter waren uns bekannte Namen wie Günther Jauch, die ehemalige Bundestagspräsidentin Claudia Roth, der regierende Bürgermeister von Berlin Kai Wegner, aber auch Schüler der 5. Klasse. Jeder durfte eine kurze Begründung schreiben, warum er sich gerade für dieses Bild entschieden hat – so waren nicht nur die Kunstwerke selbst für uns von Interesse, sondern auch die Begründungen für die Auswahl.

Die Ausstellung war gut besucht und so wir waren froh, direkt bei der Öffnung des Museums um 11 Uhr vor Ort gewesen zu sein. Von Berlin Dahlem aus beförderten uns Bus, S-Bahn und erneut ein Bus zum Wannsee – oder kunstgeschichtlich vom Expressionismus zum Impressionismus. Am Ufer des Wannsees ließ sich Max Liebermann 1910 im Alter von 63 Jahren eine Villa errichten, die er sein “Schloss am See” nannte. Hier verbrachte er die Sommermonate mit seiner Familie. Nach dem Tod Liebermanns, der einer jüdisch-stämmigen Familie entstammte, wurde seine Witwe Martha 1940 gezwungen, die Villa unter Wert an die Reichspost zu verkaufen. Nach dem Zweiten Weltkrieg diente das Gebäude zunächst als Krankenhaus, 1972 wurde es als Vereinsheim eines Tauchvereins genutzt, bevor es der Max-Liebermann-Gesellschaft 2006 gelang, ein Museum in Gedenken an den Maler zu eröffnen.

Villa am Wannsee – nur wo ist der See?
Hier ist er – der Wannsee

Heute werden Gemälde des Künstlers aus dem Besitz meist jüdischer Kunstsammler, die Deutschland im Zuge des Zweiten Weltkriegs verlassen mussten, als Leihgabe ausgestellt. Werke aus dem Bestand der Nationalgalerie Berlins ergänzten die Sammlung. Besucher können somit heute einige der mehr als 200 Gemälde bewundern, die hier im Atelier des Künstlers entstanden und den wunderschönen Garten und das Umfeld des Hauses zeigen.

Max Liebermann – Selbstbildnis, stehend in Dreiviertelfigur, beide Hände in den Hosentaschen (1915)
Max Liebermann – Der Künstler skizzierend im Kreise der Familie (1925)
Max Liebermann – Blick auf den Eingang des Landhauses mit Blumenstauden am Gärtnerhaus (1930)
Max Liebermann – Gärtnerhaus in Wannseegarten (1926)

Neben dem Kunstgenuss durfte auch der leibliche Genuss nicht zu kurz kommen. Ein Stück Kuchen und ein Getränk auf der sonnenbeschienenen Terrasse der Villa mit Blick auf den Wannsee vermittelt den Besuchern sofort, warum Liebermann sich hier wohl fühlte.

Es könnte uns gerade schlechter gehen

Auf der vom See abgewandten Seite hat die Liebermann-Gesellschaft mit viel Mühe einen wunderschönen Nutz- und Blumengarten angelegt, der gerade jetzt im Frühling in voller Blüte erstrahlt.

Nur ein paar hundert Meter weiter, ebenfalls am Ufer des Wannsee gelegen, erlangte eine Villa, die der Industrielle Ernst Marlier 1914/15 bauen ließ, im Zuge des Zweiten Weltkriegs traurige Berühmtheit. Bereits im Jahr 1921 kaufte Friedrich Minoux, Generaldirektor im Konzern des Industriellen Hugo Stinnes und Anhänger der extremen Rechten, die Villa. Nach kriminellen Machenschaften wurde Minoux 1940 verhaftet und verbrachte bis April 1945 im Gefängnis. Aus dem Gefängnis heraus verkaufte er das Haus an die Nordhav-Stiftung. In diesem Haus kamen am 20. Januar 1942 Vertreter der SS, der NSDAP und mehrerer Reichsministerien zu einem etwa 90minütigen Treffen zusammen, das später unter dem Namen Wannseekonferenz bekannt wurde: Hier wurde die “Endlösung der Judenfrage” besprochen und in die Wege geleitet.

In der heute als Gedenk- und Bildungsstätte dienenden Villa ist eine Ausstellung zu sehen, die das Treffen und den Mord an europäischen Jüdinnen und Juden dokumentiert.

Nach dem Rundgang durch die Ausstellung verließen wir das Gebäude mit einem beklemmenden Gefühl und dem Eindruck, dass sich mehr Menschen die Ausstellung anschauen sollten, gerade vor dem Hintergrund der aktuellen politischen Lage, in der rechtsgerichtete Parteien immer mehr an Einfluss gewinnen.

Gleich neben der Villa brachte uns der Blick auf den Wannsee und das rege Treiben auf und um das Ufer herum wieder zurück in die Realität.

Auf dem Weg zurück in die Innenstadt stiegen wir am Potsdamer Platz aus und spazierten von dort zum Brandenburger Tor und ein Stück des Weges Unter den Linden entlang, wo erwartungsgemäß am Ostersonntag ein buntes Treiben aus Touristen und Musikern herrschte. In der Nähe des Alexanderplatzes hatten wir einen Platz im indischen Restaurant Aapka reserviert.

Einmal durchs Brandenburger Tor spazieren gehört zum Berlin Besuch dazu
Für einen Sitzplatz auf der Terrasse war es uns noch nicht warm genug

Nach dem Essen fanden wir uns gegen 20 Uhr am Fernsehturm ein, denn wir hatten uns zuvor Tickets für die Aussichtsplattform des Fernsehturms gekauft, Einlass 20:15 Uhr. Auf 203 Metern Höhe angekommen, hatten sich bereits viele der Besucher mit Blick nach Westen an den Glasscheiben positioniert, um einen Blick auf den Sonnenuntergang zu erhaschen. Wir suchten zunächst das Panorama Berlins nach uns bekannten Sehenswürdigkeiten ab, um dann mit ein wenig Geduld die Sonne im Westen untergehen zu sehen.

Zum Glück gibt es einen Aufzug zur Aussichtsplattform

Ein schöner Ostersonntag geht damit zu Ende. Morgen Nachmittag geht es bereits wieder zurück in die Heimat. Doch bevor unser Flixtrain um 15 Uhr startet, werden wir die Gelegenheit nutzen, ein letztes Mal auf Entdeckungsreise in Berlin zu gehen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert