Graz (Österreich) 02.09. – Wer hat an der Uhr gedreht?

Graz war nicht nur Kulturhauptstadt 2003 und die Altstadt hat seit 1999 den UNESCO Welterbestatus, für uns ist sie auf der Hitliste der Städte mit netten lokalen und schönen Plätzen auch ganz weit oben. Bei unserem Stadtrundgang bot sich immer wieder die Gelegenheit, dies ausgiebig zu genießen. Bei den Getränkekarten mussten wir allerdings erst nachfragen, was sich hinter den Bezeichnungen verbirgt. “Sodas” sind Wasser, denen allerlei Sirup – bis hin zur Geschmacksrichtung “Wiesencola” – zugesetzt wird. “Spritzer” hingegen werden Weinschorlen mit Sirup genannt, die man aber auch in bekannten Varianten wie beispielsweise “Aperol Spritz” bekommt.

Der Start war heute bei der Katharinenkirche, in deren Seitenkapelle Ferdinand II. beerdigt ist, der einzige österreichische Kaiser, der in Graz begraben liegt. Zumindest stimmt dies bis auf seine Eingeweide und das Herz, die davon getrennt in Wien beerdigt sind. Die Kirche mit der kaiserlichen Gruft ist eines Kaisers wahrlich angemessen.

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Portal der Katharinenkirche – rechts daneben sieht man die Kuppel der Grabkapelle Ferdinands II.
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Auch bei der Ausgestaltung der Kapelle wurde nicht gespart
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Blick nach oben

Direkt daneben steht der Grazer Dom. An der Außenseite fällt zunächst das sogenannte Gottesplagenbild auf. Im Jahr 1480 wurde Graz besonders schwer gebeutelt. Die Stadt litt unter drei Plagen: der Pest, Heuschrecken und den Türken, die den Burgberg angriffen, die Stadt jedoch nicht einnehmen konnten. Als Ursache für die Heimsuchungen machte man das gottlose Verhalten der Grazer Bürger verantwortlich. Mit dem Bild hoffte man auf Vergebung und Gottes Gnade. Ob es gewirkt hat, ist uns nicht bekannt.
Der Zahn der Zeit hat schon ordentlich an dem Fresko gezehrt, daher befindet es sich nach Renovierung auch komplett hinter Glas (was das Fotografieren tagsüber beinahe unmöglich macht, das Bild unten entstand daher bereits bei unserem Rundgang am gestrigen Abend).

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Die Gottesplagen im Jahr 1480. Heute würde man sicherlich andere Plagen finden – vielleicht durch die Stadt laufende und auf ihr Handy starrende Menschen?

Bei der Ausgestaltung des Innenraums des Doms hat man auch nicht gerade gespart. Das gotische Kreuzrippengewölbe zeugt von der Entstehungszeit des Doms, die barocke Ausstattung von der Umgestaltung zu einer späteren Zeit.

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Barocke Innenausstattung, wie schon so oft in Österreich gesehen

Ein weitaus profaneres Gebäude findet sich in der Nähe, das Eingangsportal ist aber nicht weniger beeindruckend. Die Bäckerei Edegger-Tax lieferte seit dem Jahr 1883 ihr Gebäck an den kaiserlichen Hof. Auf dieses Privileg musste natürlich ordentlich mit dem geschnitzten Eichenholzportal aufmerksam gemacht werden. Seit 2015 besitzt die Bäckerei sogar eine Filiale in Tokio – der japanische Hof gehört aber noch nicht offiziell zu den Kunden.

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Nur eine Bäckerei, keine Holzhandlung

Auf dem Weg zur Mur und anschließend zum Schlossberg spazierten wir auch durch das Joanneumsviertel. Hier hat man sehr originell dafür gesorgt, dass Licht in die unterirdischen Räume der Museen und der Landesbibliothek fällt.

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Lichttrichter am Joanneum

Der anschließende Weg hinauf zum Schlossberg lässt sich auf verschiedene Arten bewältigen. Entweder zu Fuß über Treppen, mit der Schlossbergbahn an der Außenseite des Berges hinauf, mit der Märchenbahn für Kinder im Innern des Berges oder den Weg, den wir wählten: für 1,40 EUR pro Person mit dem futuristischen Aufzug, der den Besucher direkt vom Fuß des Berges hinauf bringt.

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Das Erklimmen war zu früheren Zeiten sicherlich beschwerlicher als heute

Von oben hat man einen hervorragenden Blick auf die Altstadt von Graz.

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Auch das Kunsthaus Graz, das wir bereits gestern von außen gesehen hatten, wirkt von oben noch viel mehr als Fremdkörper in der Altstadt. Die Lichtschächte auf der Oberseite des Gebäudes sind im Übrigen alle nach Norden ausgerichtet, bis auf einen, der das Wahrzeichen der Stadt im Blick hat.

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Wie ein Ufo inmitten der Stadt

Dieses Wahrzeichen ist der weithin sichtbare Uhrturm. Die Uhrzeit abzulesen, gestaltet sich allerdings ein wenig schwieriger als gedacht. Die Länge der Zeiger ist im Gegensatz zu unseren Gewohnheiten vertauscht. Die langen Zeiger zeigen die Stunden, die kurzen die Minuten. Der Grund liegt darin, dass es zunächst nur Stundenzeiger gab, und die Minutenzeiger später angebracht wurden.

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Ein Muss für alle Graz-Besucher – der Uhrturm

Abendessen gab es dann im Herzen von Graz im Restaurant “Die Herzl“. Steirische Küche bestand für uns an diesem Abend aus einem leckeren Abschieds-Schnitzel. Die steirische Küche nutzt auf vielfältige Art und Weise Kürbiskerne, und so bekommt man hier auch ein Schnitzel mit Kürbiskern-Panade.

Danach überzeugten wir uns davon, dass die Murinsel auch in der Nacht ein schönes Fotomotiv abgibt.

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Graz hat uns sehr gut gefallen und ist vor allem bei schönem Wetter eine Reise wert. Eventuell halten wir es irgendwann mit einem berühmten Österreicher, der ganz in der Nähe von Graz aufgewachsen ist: Arnold Schwarzenegger. In seinen Terminator-Filmen prägte er den Spruch “I’ll be back“, den die Tourismus-Info der Stadt dankend auf ihren Tüten aufgegriffen hat.

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Vielleicht kommen wir irgendwann tatsächlich mal wieder zurück

1 Kommentar

  1. Na, da werde ich doch tatsächlich dafür belohnt, dass ich hier unverdrossen und regelmäßig reinschaue. Das Ding lebt ja noch/wieder. Super, die Abende sind gerettet!
    Wollt Ihr denn ab und zu weiter hier drin etwas schreiben? Ich bin dafür ;-)

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