Den ersten Teil des Tages verbrachten wir entspannt am Pool – schließlich galt es, die mitgebrachte Reiselektüre abzuarbeiten. Während Alex am Nachmittag bereits ihr erstes Buch durchgelesen hatte, schaffte Jochen gerade mal ein Drittel. Da die Anzahl der mitgenommenen Bücher jedoch ungleich verteilt ist (5 : 3), sollten wir bis zum Ende des Urlaubs beschäftigt sein.
Einzige Abwechslung für Jochen bestand darin, sich am späten Nachmittag in die Fluten des Pools zu stürzen – wobei “stürzen” vielleicht ein wenig übertrieben ist bei ca. 30 Minuten Rumzaudern und langsamem Herantasten. Seiner Aussage nach ist das Wasser auf Korfu aber auch “besonders nass und kalt”. Nebenbei tat sich Jochen noch als Lebensretter hervor, indem er eine in den Pool gefallene Zikade vor dem Ertrinken rettete. Mal sehen, ob sie sich heute Nacht dafür bedankt und keine lautstarken Balzgeräusche veranstaltet.
Der Plan für den Abend war schnell gemacht. Der Reiseführer empfahl Korfu Stadt in zwei Etappen zu erkunden: Einmal früh am Morgen zur Erkundung von allem, was die Einhaltung von Öffnungszeiten erfordert, und zum anderen am späten Nachmittag bzw. Abend zum Schlendern durch die Altstadt und Genießen der südländischen Atmosphäre. Wir starteten mit dem zweiten Teil zuerst und hatten auf der Fahrt in die Stadt noch einen schönen Blick zurück auf die Ostküste:
Nach dem Bummel durch die Altstadt können wir den vielen Beschreibungen beipflichten, dass es sich bei Korfu Stadt um eine der schönsten Städte im Mittelmeerraum handelt. Verschiedene Besatzer haben ihre Spuren hinterlassen – insbesondere die 400 Jahre venezianischer Herrschaft haben der Stadt mit zwei imposanten Festungen, die vor Angriffen der türkischen Eroberer schützen sollten, ihren Stempel aufgedrückt. Zwischen den Festungen erstrecken sich die vier- und fünfstöckigen Wohnhäuser der Altstadt von Korfu Stadt, die seit 2007 unter dem Schutz der UNESCO steht. Nach dem Ende der venezianischen Herrschaft im Jahr 1797 wechselten die Besitzverhältnisse von französisch über russisch, zurück zu französisch, dann für 50 Jahre zu britisch, bis Korfu 1864 griechisch wurde. Damit aber genug der Geschichte und mehr zu unseren Eindrücken aus der Inselhauptstadt.
Bisher hatten wir wenige deutsche Stimmen auf der Insel vernommen, und unser erster Eindruck war, dass die Insel fest in britischer Hand ist. Heute abend war dies jedoch ganz anders, zumindest in der Inselhauptstadt übernahmen Deutsche für kurze Zeit die Vorherrschaft. Im Hafen lagen zwei Kreuzfahrtschiffe vor Anker, eines davon gehörte der AIDA-Gruppe und so waren in der Altstadt nahezu ausschließlich deutsche Wortfetzen zu vernehmen.
Nach dem Abendessen auf dem wunderschönen Rathausplatz im Restaurant pane e souflaki – in dem es zum Leidwesen von Alex keine Moussaka oder gefüllte Paprika gab, was wir unbedingt an einem der nächsten Abende nachholen müssen – sahen wir beim Schlendern durch die restliche Altstadt einen Platz, auf dem auf der einen Seite Korfioten in Tracht und auf der anderen Seite Asiatinnen in weißen langen Gewändern standen. Interessant zu sehen, was passiert wäre, wenn beide Gruppen aufeinander losgegangen wären – den Spaß verweigerten sie uns jedoch.
Mehr Klarheit, warum die beiden Gruppen auf dem Platz zusammengekommen waren, bekamen wir leider auch durch die Ansagen des Moderators nicht, denn weder der griechische Originalton noch die Übersetzung ins Russische (?) konnte uns weiterhelfen. Jochen meinte irgendwo das Wort “Jakutien” aufgeschnappt zu haben, wir gehen also einfach mal davon aus, dass es sich um einen kulturellen Austausch zwischen Korfu und Jakutien handelte und die Reisegruppe aus dem fernen Osten ebenso wie wir noch ein wenig Sonne tanken wollte, bevor der harte entbehrungsreiche sibirische Winter zu Hause Einzug hält.
Die Folklore der Korfioten entsprach völlig unseren Vorstellungen.
Die Tracht der Jakutinnen sowie deren Vorführungen wirkten auf uns jedoch eher befremdlich. Das Schmettern der Nationalhymne mit einigen falschen Tönen war noch das am wenigsten Erstaunliche.
Ein Tanz zu sphärischen Disco-Rhythmen mit Schwenken von Puscheln hat uns dann völlig aus dem Konzept gebracht – wollten sie den Zuschauern zeigen, wie eine gute jakutische Hausfrau die Wohnung putzt? Abschluss fand die Vorführung in einem Lied, das dreistimmig mit dem Nationalinstrument Jakutiens, der Maultrommel, intoniert wurde. Kritsch beäugt wurde das Ganze stets vom Ältestenrat.
Danach hatten wir uns einen Absacker auf der herrlichen Esplanade, dem Mittelpunkt des geselligen Lebens in der Stadt, verdient. Hier treffen sich allabendlich Jung und Alt zum Flanieren.
Gegen 23 Uhr machten wir uns auf den Nachhauseweg.
Bis demnächst, zu einer morgendlichen Tour durch Korfu Stadt!