Offenburg (Schwarzwald) 30.12. – Heilige werden wir hoffentlich nie

Nach bisherigen Ausflügen tiefer in den Schwarzwald hinein gen Osten folgten wir heute dem Rhein flussaufwärts nach Süden – bis Freiburg wollten wir es schaffen.

Ersten Halt mit kurzem Spaziergang durch die barocke Altstadt machten wir in Ettenheim.

Nicht viel los in Ettenheim

Dort steht auf dem höchsten Punkt der Stadt die Pfarrkirche St. Bartholomäus, in die wir jedoch nur einen kurzen Blick warfen, da gerade Trauerfeierlichkeiten vorbereitet wurden und wir dabei nicht stören wollten.

St. Bartholomäus

Während in Ettenheim noch Nebel über der Stadt lag, hatte er sich im Nachbarort Ettenheimmüster bereits verzogen, die Wallfahrtskirche St. Landelin strahlte in der Sonne. Landelin, nach dem die Kirche benannt ist und dessen sterblichen Überreste in einer kostbaren Reliquie aufbewahrt werden, war ein irischer Mönch, der zur Missionierung im 7. Jahrhundert in der Ortenau unterwegs war.

Landelin hätte sicherlich nicht gedacht, dass man zu seinen Ehren eine Wallfahrtskirche errichtet

Wie schafft man es eigentlich in der katholischen Kirche zum Heiligen zu werden? Oftmals haben wir dazu bei unseren Reisen bereits Horrorgeschichten über Mord und Totschlag gehört. So war es auch bei Landelin, der der Überlieferung nach von einem heidnischen Jäger erschlagen wurde. Der Mord alleine reichte jedoch nicht für den Heiligenstatus aus, am Tatort sollen aus dem Blut Landelins fünf Quellen entsprungen sein, deren Wasser Wunder wirkte – auch heute kann man das Wasser noch abfüllen und mit nach Hause nehmen.

Die Büste des Heiligen wird nur an besonderen Tagen ausgestellt, so dass wir uns mit einem Bild begnügen mussten.

Woher wusste der Goldschmied 1506 eigentlich, wie Landelin aus dem 7. Jahrhundert genau aussah?

Aber auch ohne die Büste, die an seinem Gedenktag, dem 22. September, in einer Prozession durch die Stadt getragen wird, weist die Kirche eine wertvolle Ausstattung auf, zur der auch eine seltene Orgel aus dem Jahre 1769 von Johann Andreas Silbermann gehört. Johann Andreas war der Sohn des elsässischen, aus Sachsen stammenden Orgelbauers Andreas Silbermann und Neffe des bekannten sächsischen Orgelbauers Gottfried Silbermann.

Einer Wallfahrtskirche wahrlich angemessen
Jetzt müsste nur noch jemand in die Tasten hauen

Weiter auf dem Weg nach Süden hielten wir in Breisach, einer Stadt, die bereits auf der Höhe von Freiburg direkt am Rhein und damit an der deutsch-französischen Grenze liegt. Wir parkten in der Nähe des Breisacher Münsters und spazierten über den Vorplatz der Kirche, von wo man einen Blick über die Altstadt von Breisach werfen kann.

Stephansmünster in Breisach

Auf dem Münsterplatz lichteten sich Besucher vor der Skulptur “Europa greift nach den Sternen” des Künstlers Helmut Lutz ab. Am 9. Juli 2000 enthüllt, erinnert das Kunstwerk an die vor exakt 50 Jahren erfolgte Abstimmung der Stadt Breisach, in der sie sich – als erste in Europa – zur Europastadt erklärt hat.

Schon seit 20 Jahren greift Europa nach den Sternen – mal sehen wie lange sie das noch tut

Im Innern des Münsters warten weitere Kunstwerke auf den Besucher, so unter anderem der vor dem Altar aufgestellte Silberschrein für die Reliquien der beiden Stadtpatrone Gervasius und Protasius. Auch diese beiden starben den Martyrertod – allerdings bereits um das Jahr 300 in Mailand. Gleich dahinter steht der kunstvoll aus Sandstein gefertigte Lettner von Ende des 15. Jahrhunderts.

Das gemeine Volk konnte bis 1960 nicht sehen, was hinter dem Lettner passiert – erst danach wurde er “geöffnet”

Beeindruckend ist ebenfalls das am Hochaltar stehende Altarretabel aus Lindenholz. Das zentrale Motiv des Altars stellt die Marienkrönung dar.Die Szene wird von musizierenden Engeln umrahmt, eine Taube als Sinnbild des Heiligen Geistes schwebt über der Krone.

Schnitzer wären hier fatal

Über dem Altarbild, im sogenannten Gesprenge, stehen rechts und links zwei musizierende Engel, etwas höher die Eltern der Stadtpatrone Vitalis und Valeria, und darüber eine Anna selbdritt-Gruppe. An der Spitze steht Jesus am Kreuz mit Dornenkrone.

Filigrane Schnitzkunst am Gesprenge des Breisacher Marienaltars

Während die Kunstwerke aus Stein und Holz die Zeit sehr gut überstanden haben, verblasste im Laufe der Zeit das Wandgemälde mit Szenen des Jüngsten Gerichts von Martin Schongauer, das drei Wände der Westseite des Münsters ziert. 1766, vermutlich nicht mehr in die Zeit passend, wurde das Werk komplett übermalt und kam erst 1885 bei Renovierungsarbeiten wieder zum Vorschein.

Das Jüngste Gericht – wahrscheinlich wollten die Breisacher nicht bei jedem Kirchenbesuch daran erinnert werden

Nach so viel kirchlichen Dingen wurde es Zeit für etwas weltliches, zum Beispiel ein Parkhaus oder ein passendes Café in Freiburg zu suchen. Tripadvisor sei Dank waren wir definitiv nicht die Einzigen, die sich im Café Gmeiner – sicher nicht das schlechteste der Stadt – ein Stück Kuchen gönnen wollten. Als Resultat war der Kuchen kurz nach vier bereits komplett ausverkauft – aber ein Kaiserschmarrn tat es natürlich auch.

Wer auf Kalorien verzichten will, muss sich mit dem Anblick durch die Glasscheibe zufrieden geben

Im Anschluss schlenderten wir noch ein wenig durch die Stadt und versuchten die grauen Zellen zu mobilisieren, um uns an Dinge zu erinnern, die wir seit unserem letzten Besuch vor 10 Jahren noch abgespeichert hatten – viel war davon allerdings nicht mehr übrig. Unterwegs fanden wir den kleinen, jedoch bestens ausgestatteten Spielzeugladen Holzpferd und hatten Freude daran, das bunte Sammelsurium aus uns bekannten und unbekannten Spielsachen zu durchstöbern.

Hier könnte man einen ganzen Tag verbringen und hätte noch längst nicht alle Spielsachen gesehen

Einen Blick ins Freiburger Münster, das die Altstadt mit dem imposanten 116m hohen Turm beherrscht, wollten wir zum Ende des Rundgangs dann auch noch werfen. Draußen war es mittlerweile bereits dunkel geworden und im Kircheninnern vermochten die Kerzen an den Weihnachtsbäumen die Finsternis nicht komplett zu vertreiben.

Münster Freiburg

Das Restaurant für unser Abendessen fanden wir gleich gegenüber des Eingangs der Kirche auf dem Münsterplatz: Im Bunten Onkel ließen wir uns Käsespätzle und Flammkuchen schmecken, bevor wir den Nachhauseweg nach Offenburg antraten.

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