Lügde (Weserbergland) 03.09. – Arminius, Hermann, Prinz Stephan und Alheyd

Nach der Besichtigung von mittelalterlichen Städten, Schlössern und Burgen starteten wir den heutigen Tag in der Natur – und das schon für unsere Verhältnisse recht früh, denn für den Nachmittag war eine Regenfront angekündigt. Im Teutoburger Wald – ein Mittelgebirge westlich des Weserberglandes, das sich von Osnabrück über Bielefeld bis nach Detmold erstreckt – stehen in der Nähe der Stadt Horn-Bad Meinberg die Externsteine. Diese markante Feldformation lockt jährlich eine halbe Million Besucher an.

Die Felsformation der Externsteine – der See wurde sicherlich von einem Fotografen angelegt
Noch einmal von der anderen Seite
Kein Wunder, dass diese Steine die Menschheit auch früher schon fasziniert haben

Wir waren bereits vor Öffnung des Besucherzentrums um 10 Uhr vor Ort, genossen bei unserem Spaziergang die morgendliche Ruhe und schauten ein paar Hunden dabei zu, wie sie auf einer Wiese erfolglos nach Mäusen gruben. Für 4 Euro können die Steine bestiegen werden, der Anblick erschien uns jedoch interessanter als der Ausblick. In Corona-Zeiten ist jedoch eine Begrenzung der Kletterwilligen notwendig. Auf der Rückkehr zum Auto sahen wir später, dass sich vor dem Besucherzentrum bereits eine Schlange für die Anmeldung zur Besteigung gebildet hatte.

Lange Schlange stehen, bevor es hoch hinaus gehen kann

Die Externsteine wurden in den letzten Jahrhunderten unterschiedlich genutzt, Zeugnisse dessen sind teilweise heute noch erhalten. Mönche aus der Umgebung strebten vermutlich danach, hier die heiligen Stätten in Jerusalem nachzubilden – künstliche Grotten und ein Felsengrab zeugen davon. Auf das 12. Jahrhundert wird das Kreuzabnahmerelief – eines der bedeutendsten Werke der Romanik in Deutschland – am Fuß der Felsen datiert.

Der Kreuzabnahmerelief aus dem 12. Jahrhundert

Die Jahrhunderte nicht überdauert haben ein Lustschloss des Lippischen Landesherren aus dem 17. Jahrhundert, ein Hotel mit Restaurant aus dem 19. Jahrhundert, das nach dem Abriss des Lustschlosses hier errichtet wurde, und eine Überlandstraßenbahn für die Verbindung Paderborn – Detmold, die an den Steinen eine Haltestelle besaß. Letztere wurde im Jahr 1953 eingestellt.

Nur eine Viertelstunde entfernt lag unser nächstes Ziel, das Hermannsdenkmal. Sollte der Teutoburger Wald aus dem Geschichtsunterricht in Erinnerung geblieben sein, dann mit Sicherheit aufgrund der Varusschlacht im Jahr 9 n.Chr., als der Cheruskerfürst Arminius drei römischen Legionen unter dem Regiment von Publius Quinctilius Varus eine vernichtende Niederlage beibrachte. In der Folge zogen sich die Römer aus den rechtsrheinischen Gebieten zurück.
Seit dem Jahr 1875 erinnert das monumentale Denkmal nach den Entwürfen von Ernst von Bandel mit einer Gesamthöhe von 53,46m (die Statue des Arminius ist 26,57m) an die Schlacht.

Bis zur Errichtung der Freiheitsstatue die höchste Statue der westlichen Welt
Gewonnen!

Dass das Denkmal heute den Namen “Hermann” und nicht “Arminius” trägt, ist auf die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts zurückzuführen. Bei der Suche nach einer Symbolfigur für die Begründung der deutschen Identität bot sich der Fürst der Cherusker als Oberbefehlshaber der germanischen Stämme an – und “Hermann” hört sich definitiv deutscher als “Arminius” an.

Für den Nachmittag, zu dem ein ergiebiges Regengebiet über uns hinweg ziehen sollte, mussten wir uns einen Aufenthalt mit Dach über dem Kopf suchen. Für 14 Uhr wurden Führungen im Fürstlichen Residenzschloss von Detmold angeboten, für deren Teilnahme wir uns Tickets besorgten.

Wasser Marsch – nicht nur im Springbrunnen – auch Petrus öffnete heute seine Schleusen

Für die verbleibenden 90 Minuten bis zum Start wollten wir eigentlich durch Detmold spazieren, aber der Regen machte uns einen Strich durch die Rechnung, weiter als bis zum belebten Wochenmarkt und dem Café Wortmann kamen wir nicht.

Im Rahmen der einstündigen Führung durch das Schloss wurden zehn repräsentative Räume präsentiert, darunter der Ahnensaal, in dem Portraits der regierenden Grafen und Fürsten zur Lippe und ihrer Gemahlinnen die Wände schmücken.

Roter Salon mit letztem regierenden Fürst von Lippe Leopold IV., seine erste Frau Bertha ist links von ihm, seine zweite Frau Anna auf der rechten Seite zu sehen
Die vollständige Ahnengalerie im Ahnensaal
Elisabethsaal
Königszimmer mit Brüsseler Wandteppichen: Eine Weberin schafft einen Quadratmeter pro Jahr
Schneeballvasen aus der Porzellanmanufaktur Meißen

Das Portrait des aktuellen Schlossherrn Stephan Prinz zur Lippe findet sich nicht im Ahnensaal, sondern auf den Wahlplakaten der FDP. Der studierte Jurist und Steuerberater ist Mitglied des Kreistags von Lippe und kandidiert wieder bei der bevorstehenden Kommunalwahl.

Kein Wunder, dass sich Stephan Prinz zur Lippe für Kultur einsetzt

In einem kleinen Raum im Erdgeschoss wurden Werke der Künstlerin Tessa Verder ausgestellt: Für ihre Landschaftsdarstellungen kombiniert sie eigene Reisefotografien mit Ausschnitten von Gemälden Alter Meister.

Bis zum Horizont ein Reisefoto, der Himmel ist Teil eines Gemäldes

Erneuter Regen verhinderte nach der Schlossführung einen weiteren Rundgang durch Detmold, daher fuhren wir zur Ferienwohnung zurück und erst zum Abendessen zur Pizzeria La Piazza nach Blomberg.

Nachdem der Regen pünktlich zum Ende des Abendessens aufgehört hatte, blickten wir uns in der historischen Altstadt von Blomberg um: Im Mittelalter war der Beruf des Schusters dort der bestimmende Handwerksberuf, in einer Zählung von 1776 wurden 84 Schuhmacher gezählt. Ab dem 15. Jahrhundert entwickelte sich der Ort zu einer Wallfahrtstätte. Grund dafür war der Diebstahl von 40 Hostien aus der Martinikirche durch Alheyd Pustekoke, die diese aus Furcht vor der Entdeckung in einen Brunnen warf. Sie landete dafür auf dem Scheiterhaufen, dem Brunnen wurden jedoch wundersame Heilkräfte zugesprochen, so dass ein reger Wallfahrtstourismus einsetzte. Zu Ehren von Alheyd hat man heute auf dem Marktplatz einen Brunnen errichtet.

Auf dem Marktplatz von Blomberg mit dem historischen Rathaus besteht heute kein Bedarf an Plätzen im Freien
Alheyd beim Beseitigen ihres Raubs – genützt hat es ihr nichts
Auch Blomberg hat schön restaurierte alte Fachwerkhäuser zu bieten
Die angeblich kleinste Kneipe der Welt – leider geschlossen

Der Aufenthalt in Lügde geht langsam zu Ende. Morgen steht als Abschluss die Besichtigung des Kurparks vonBad Pyrmont auf dem Programm.

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