New York 03.06. – Guggenheim, High Line und Neue Galerie

Den Namen Guggenheim verbinden wir automatisch mit den gleichnamigen Kunstmuseen, unter anderem in Bilbao und natürlich in New York. Die Familie Guggenheim stammte ursprünglich aus dem schweizerischen Lengnau und baute ihr Vermögen mit dem Abbau von Kupfer, Silber und Blei auf. Ende der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts begann Solomon R. Guggenheim damit, eine Sammlung europäischer moderner Kunst aufzubauen. Im Jahr 1943 wurde Frank Lloyd Wright beauftragt, ein neues Museumsgebäude in New York zu entwerfen, das letztendlich durch die Folgen des Zweiten Weltkriegs aber erst 1959 eröffnet werden konnte. Neben den ausgestellten Werken moderner Kunst beeindruckt auch das Gebäude selbst von innen und außen.

Für den Besuch hatten wir Zeittickets erworben, aber wie so oft in New York bedeutet dies aufgrund des großen Andrangs trotzdem Schlange stehen, bis man die Sicherheitskontrolle passiert hat und mit der Besichtigung beginnen kann. Die Ausstellungsstücke sind – ungewöhnlich für ein Museum – entlang des sich spiralförmig durch das Gebäude windenden Wegs angeordnet.

Wir fuhren mit dem Aufzug in den 6. Stock und “arbeiteten” uns von dort aus nach unten durch. Schon im Aufzug sahen wir, dass folgende Sonderausstellungen zu sehen waren: Vasily Kandinsky: Around the Circle, Gilian Wearing: Wearing Masks und Cecilia Vicuña: Spin Spin Triangulene – letztere eine laut Wikipedia “chilenische Poetin, Bildhauerin, Malerin, Installations- und Performancekünstlerin”. Das klang alles nicht gerade nach einfacher Kost. Vielleicht hätten wir uns einfach einer der Schulklassen anschließen sollen, denen Museumsmitarbeiter lebhaft die Kunstwerke Kandinskys näher brachten, die Kinder hörten zumindest aufmerksam und mit Begeisterung zu.

Tja, was will der Künstler dem Betrachter damit sagen?

Auf einem Teil der Fotos von Gillian Wearing verbarg die Künstlerin ihr Gesicht hinter einer Maske aus Silikon und ließ sich so als eine Berühmtheit oder ihre eigenen Eltern oder Großeltern ablichten. Die Bilder sahen wirklich gruselig aus und erinnerten uns an Hannibal Lecter aus Das Schweigen der Lämmer.

Wer ist die echte Gillian und wo versteckt sie sich hinter einer Maske?

Die Dauerausstellung Thannhauser Collection hingegen zeigte unter anderem hochkarätige Gemälde aus der Zeit des Impressionismus und Post-Impressionismus, darunter Werke von Manet, Degas, Van Gogh und Picasso.

Das Bild von Pablo Picasso mit einer bügelnden Frau entstand 1904. Hätte Picasso das Bild auch über 100 Jahre später so gemalt, wenn ein Mann am Bügelbrett gestanden hätte?

Pablo Picasso – Woman Ironing (1904)
Vincent van Gogh – Mountains at Saint-Rémy (1889)
Paul Gauguin – In the Vanilla Grove, Man and Horse (1891)

Die Bilder von Henri Rousseau stechen aus den Gemälden, die gegen Ende des 19. Jahrhunderts entstanden, heraus. Der Maler, der Zeit seines Lebens Paris nicht verließ, brachte sich neben seinem Beruf als Zöllner das Malen selbst bei. Viele seiner Bilder sind von den Orten inspiriert, die er sich in Paris anschaute – die Weltausstellung, den botanischen Garten und den Zoo.

Henri Rousseau – The Football Players (1908)
Pablo Picasso – Woman with Yellow Hair (1931)

Nach dem Besuch der Ausstellung und einer kurzen Pause im Museumscafé setzten wir unseren Weg fort und fuhren mit der Metro bis zu Hudson Yards im Westen von Manhattan. Dort im Meatpacking District war die High Line unser nächstes Ziel: In die Fabrikgebäude für die Fleischverpackung, die dem Viertel seinen Namen gaben, sind mittlerweile schicke Läden, Museen, Restaurants und Bars eingezogen. Ebenso hat die High Line, eine ehemalige Hochbahntrasse für den Güterverkehr, eine neue Bestimmung gefunden: Zwischen 2006 und 2019 wurde die Trasse aufwendig in einen Park umgewandelt und lockt seitdem als neue Attraktion jährlich ca. 7 Mio. Menschen an, die die 2,3km lange Strecke entlang laufen mit immer wieder tollen Ausblicken auf die Stadt und vielen Möglichkeiten, einen kleinen Abstecher in die Natur zu unternehmen.

Am Beginn der High Line in den Hudson Yards galt es jedoch zunächst ein anderes beeindruckendes Fotomotiv abzudichten: The Vessel. Das Werk des britischen Designers Thomas Heatherwick erhebt sich über 16 Stockwerke und besteht aus 154 Treppenläufen, 2.500 Stufen und 80 Podesten, die die Besucher erklimmen können – wäre da nicht Corona, aktuell ist der Zugang nur auf der untersten Ebene möglich. Die Kosten für das Bauwerk werden auf 200 Millionen Dollar geschätzt – nicht schlecht für einen Aussichtsturm.

Von dort suchten wir zunächst den richtigen Einstieg in die High Line und kamen dabei an dem Gebäude mit der höchste Aussichtsplattform der westlichen Hemisphäre vorbei. Entsprechend seinem Namen “Edge” kann der Besucher, sofern schwindelfrei, auf die mit einem Glasboden versehene Aussichtsplattform hinaustreten und entweder 100 Stockwerke in die Tiefe oder über ganz Manhattan hinweg schauen. Jochen reichte der Anblick von unten, um sich sicher zu sein, dass er auf den Nervenkitzel absolut verzichten kann.

Wie ein im Hochhaus steckender Dorn ragt die Aussichtsplattform “Edge” über den Abgrund hinaus
Einige schwindelfreie Besucher haben sich auf die Glasfläche getraut

Auf der High Line angekommen, zeigte sich für uns sehr schnell, warum diese so viele Besucher anlockt: Neben den Ausblicken auf die Hochhäuser in der Nähe des East River ist die High Line selbst mit der vielfältigen Natur und den unzähligen Möglichkeiten, eine kurze Pause im Großstadtstress einzulegen, absolut sehenswert.

Das Gebäude namens “The Shed” erinnert an eine von Christo verpackte Installation
Auf der rechten Seite ein von Zaha Hadid entworfenes Wohnhaus.
Dumm nur, dass man von der High Line einen direkten Blick in die Wohnungen hat
Zum Glück waren noch nicht zu viele Touristen unterwegs, so dass ein Durchkommen auf der High Line-Trasse ohne Probleme möglich war
Blick die 23. Straße West hinunter
Im Hintergrund war immer wieder “Edge” mit der Aussichtsplattform zu sehen
Da versucht wohl jemand, dem Empire State Building Besucher abzuluchsen
Das Bürogebäude am Ende der High Line sieht aus, als sei es von Weinfässern im Regal inspiriert worden
Möglichkeiten, eine Pause einzulegen, gibt es entlang der High Line genügend
Kunst entlang der ehemaligen Hochbahnstrecke – weinende Menschen

Im Viertel des ehemaligen Meatpacking District haben sich einige Kunstgalerien angesiedelt und passend dazu am südlichen Ende der High Line das Whitney Museum of American Art, das sich Amerikanischer Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts widmet. Zudem wurden einige Straßen rund um die Gansevoort Street in Fußgängerzonen umgewandelt, in denen die Besucher ihr Geld in teuren Einkaufsläden oder Restaurants lassen können.

Wir hatten im Gegensatz dazu heute eine Möglichkeit gefunden, im teuren New York Geld zu sparen. Dazu ging es zunächst zurück auf die Ostseite des Central Parks, wo wir uns in die Besucherschlange für die Besichtigung des Museums Neue Galerie einreihten, in der österreichische und deutsche Kunst des frühen 20. Jahrhunderts ausgestellt werden. Aktuell ist leider nur das erste Stockwerk zur Besichtigung geöffnet, am ersten Freitag im Monat (also heute) ist der Eintritt von 16-19 Uhr immerhin kostenlos.

In wunderschönem Ambiente wurden berühmte Werke wie Adele Bloch-Bauer I von Gustav Klimt oder Berliner Straßenszene von Ernst Ludwig Kirchner sowie weiteren österreichischen Künstlern wie Egon Schiele oder Oskar Kokoschka gezeigt. Fotografieren war leider verboten, daher hier nur der Link zur aktuellen Ausstellung und ein Bild von aussen.

Ein eher schlichtes und kleines Gebäude von außen mit hochkarätiger Kunst in wunderschönem Ambiente drinnen

Eigentlich wollten wir heute abend italienisch essen gehen. Das Café Sabarsky im Erdgeschoss der Galerie, das Spezialitäten der österreichischen Küche offerierte, lockte uns jedoch magisch an und so änderten wir spontan unser Vorhaben und ließen uns “Wiener Schnitzel mit Erdäpfel-Gurkensalat” und “Südtiroler Bergkas Knödel mit Speckkraut” schmecken. Einzig der geteilte Nachtisch “Kaiserschmarren mit gerösteten Früchten, Preiselbeeren und getoasteten Mandelsplittern” enttäuschte, die Früchte entpuppten sich als Ananasstücke und der Schmarren erinnerte eher an gerösteten Kuchen vom Vortag.

Beim Begleichen der Rechnung gab es noch einen etwas peinlichen Vorfall: Jochen hatte nur 8% Trinkgeld gegeben – was aus Sicht des Kellners viel zu wenig war, zu deutlichem Unmut und der Nachfrage führte, ob etwas nicht in Ordnung gewesen sei. Wir haben anschließend nochmal nachgelesen: Das Trinkgeld ist wesentlicher Bestandteil des Lohns für den Restaurantmitarbeiter, 20% Trinkgeld sind daher “normal” und werden erwartet – beim nächsten Mal werden wir von vornherein das Trinkgeld üppiger ansetzen.

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