New York 04.06. – Brooklyn Bridge, Financial District, World Trade Center und Top of the Rock

Vor dem Frühstück war heute Frühsport angesagt. Die Bahnfahrt bis zur Metrostation High Street in Brooklyn gehörte nicht dazu, jedoch der Fußweg von dort mit der Sonne im Rücken über die Brooklyn Bridge zurück nach Manhattan.

Im Jahr ihrer Fertigstellung war die Brücke mit 1.833m die längste Hängebrücke der Welt und ein architektonisches Meisterwerk des deutsch-amerikanischen Ingenieurs John Augustus Roebling.

Immer den anderen Touristen und Joggern folgen

Für viele Touristen gehört der Spaziergang über die Brücke zum festen Bestandteil ihres New York Aufenthalts. Entsprechend viele Menschen waren schon früh unterwegs und teilten sich die Fußgängerspur, während diejenigen, die mit weniger Zeit und Fahrrad unterwegs waren, die separate Fahrradspur nutzten. An der immer dichter werdenden Ansammlung von Straßenverkäufern vorbei, die darauf hofften, ihre Souvenirs an den Mann oder die Frau zu bringen, führte unser Weg direkt nach Downtown Manhattan.

Das erste Gebäude mit historischer Bedeutung an dem wir vorbei kamen, war die City Hall, erbaut zwischen 1803 und 1812 als Sitz für den Bürgermeister und den Rat von New York – zu diesem Zweck wird es bis heute genutzt.

Seit dem 01.01.2022 der Amtssitz von Eric Adams

Da wir heute vor dem Spaziergang über die Brooklyn Bridge auf unser Frühstück verzichtet hatten, wollten wir das in Downtown Manhattan nachholen – schließlich gibt es Filialen von Pret a Manger, unserem bisherigen Standardlieferanten für das morgendliche Baguette und/oder Schokocroissant, Acai Bowl/Granola Becher oder Obstsalat überall in der Stadt. Eine samstags geöffnete Filiale zu finden war auch nicht das Problem – dumm nur, wenn ein Kunde vor uns alle Regale bis auf die Thunfisch-Sandwiches für eine Reisegruppe leerkauft.

Da geht unser Frühstück durch die Tür – ohne uns

Über google findet man natürlich sehr schnell nach einer Alternative mit ordentlichen Bewertungen, vielleicht hätten wir diese auch vorher durchlesen sollen, denn ein Baguette des italienischen Panini-Ladens Pisillo machen laut Bewertung “zwei sehr hungrige Menschen” oder alternativ “vier weniger hungrige Menschen” satt. Wir waren nach drei Vierteln des Paninis pappsatt und mussten den Rest für später einpacken.

Wer hat den Italienern gesagt, dass man zum Frühstück ganze Brote vertilgen sollte?

Danach konnte unser Rundgang durch den Financial District beginnen, unter anderem durch die weltbekannte Wall Street: Den Namen erhielt die Strasse im 17. Jahrhundert, als Petrus Stuyvesant Gouverneur der Stadt war und an der Stelle einen Wall gegen Überfälle der amerikanischen Ur-Einwohner aufschütten ließ. Später siedelten sich entlang der Straße die Schaltzentralen der Finanzinstitute an, genauso wie die New Yorker Börse, die New York Stock Exchange. Die leerstehenden Gebäude werden in exklusive Eigentumswohnungen umgewandelt.

Ein Blick nach oben zeigt, dass hier jeder Quadratmeter Raum ausgenutzt wurde
Hoch hinaus geht es für die Finanzwelt an der Wall Street schon lange nicht mehr

Der Finanzdistrikt hat sich jedoch schon in den Jahren vor Corona massiv verändert. Die Zentralen der Geldhäuser wurden alle verlagert – als letzte Großbank verließ 2018 die Deutsche Bank den Financial District Richtung Midtown. Bereits vor Corona spielte sich der Großteil des Handels nicht mehr vor Ort auf dem Parkett der New Yorker Börse ab, sondern elektronisch und ob die 250 sogenannten Floor Trader nach Corona eine dauerhafte Zukunft haben, ist zumindest ungewiss.

Die New Yorker Börse – das Sinnbild des Kapitalismus

Gegenüber der Börse steht die Statue Fearless Girl der amerikanischen Bildhauerin Kristen Visbal, die für den Weltfrauentag 2017 geschaffen wurde und darauf aufmerksam machen sollte, dass der Anteil der Frauen in Führungspositionen von Unternehmen sehr gering ist. Damals stand die Figur gegenüber des Bullen, der als Wall-Street-Erkennungsmerkmal angesehen wird und den wir später auf unserem Rundgang noch sehen sollten.

Kristin Visbal – Fearless Girl (2017)

Am Ende der Wall Street lugt die Trinity Church durch die Häuserschlucht hindurch. Die Kirche wurde 1846 fertiggestellt und es ist heute kaum vorstellbar, dass der Turm der Kirche mit 86 Metern damals das höchste Gebäude der Stadt war. Bei der Vorbereitung der Reise stand noch, dass die Kirche wegen Corona geschlossen sei, aktuell kann man sie aber bereits wieder nach Vorlage einer Impfbescheinigung besichtigen. Einen ganz ungewöhnlichen Anblick bietet der Friedhof rund um die Kirche, auf dem auch berühmte Persönlichkeiten der US-amerikanischen Gründungsgeschichte begraben sind. Bei den Grundstückspreisen in Manhattan müssten die Gräber eigentlich alle goldene Grabsteine haben.

Die Trinity Church befindet sich unweit der am 09. September 2001 zerstörten Zwillingstürme des ehemaligen World Trade Center. Bevor wir uns das Denkmal für die Opfer des Terroranschlags anschauen konnten, kamen wir am neuen World Trade Center-Bahnhof der PATH mit der spektakulären Transithalle Oculus vorbei: Bei der Zerstörung des World Trade Centers wurde auch der Bahnhof zerstört. Nachdem die Pläne für den Neubau des World Trade Centers feststanden, bekam der spanische Architekt Santiago Calatrava den Zuschlag, den Umsteigebahnhof Oculus von der regionalen U-Bahn zu den New York City Subway-Stationen zu gestalten. Zwei Milliarden US Dollar waren für das beeindruckende Bauwerk veranschlagt, am Ende wurde es doppelt so teuer. Die Architektur soll an eine Friedenstaube erinnern, boshafte Mitbürger sehen in den weißen Streben eher ein Dinosaurierskelett. Wie dem auch sei – schöne Fotos lassen sich auf alle Fälle machen, sofern man das passende Weitwinkelobjektiv dabei hat.

Im Hintergrund ist schon das neue One World Trade Center zu sehen
Spektakulär sind nicht nur die Baukosten, sondern auch der Anblick von innen
Blick auf die Hochhäuser rund um den Bahnhof und das World Trade Center

Mit Blick auf das neu errichtete One World Trade Center waren es nur wenige Schritte bis zum Eingang des 9/11 Memorial Museum, bei dem man über einen gläsernen Eingangspavillon hinab in die Tiefe steigt, wo sich das eigentliche Museum befindet.

Das Datum 9. September 2011 hat sich in die Geschichtsbücher der USA und der ganzen Welt eingebrannt

Auf Ebene der Fundamente der Zwillingstürme erinnern Bildern, Videos und Augenzeugenberichte an die Ereignisse des 9. September 2001, die man nicht vergessen, sondern höchstens verdrängen kann. Seit 2014 erinnert das Museum an die 2.977 Menschen, die bei den Anschlägen ums Leben kamen. Sofern man sich die Frage stellt, wie man an den größten Angriff in der Geschichte des Landes angemessen erinnert, fanden wir, dass dies hier gelungen ist. Die Opfer und deren Geschichte stehen im Mittelpunkt der Ausstellung und den Attentätern wird nur wenig Platz eingeräumt. In dem Bereich, in dem persönliche Erinnerungen an die verstorbenen Menschen gezeigt werden, besteht mit Rücksicht auf die Opfer Fotografierverbot.

Freiheitsstatue Lady Liberty, die nach dem 11.09.2001 vor einer Feuerwehrzentrale in Midtown aufgestellt wurde – 15 Feuerwehrleute der Wache kamen bei den Anschlägen ums Leben

Mit einem beklemmenden Gefühl verließen wir das Museum und gingen zu den beiden Reflecting Pools, die die Stelle markieren, an der die Zwillingstürme des World Trade Centers standen. Rund um die Pools sind die Namen der Menschen eingraviert, die bei den Anschlägen ihr Leben verloren haben. Am Tag ihres Geburtstags wird von der Museumsverwaltung eine Rose an den Namen gesteckt. Eine schöne Idee.

Blick von einem der Reflecting Pools zum neuen World Trade Center
Die Pools sollen zeigen, dass seit dem Anschlag etwas Wesentliches fehlt
Blumen zum Geburtstag

Der letzte Fotostopp war dann wieder im Financial District am Charging Bull, einer Bronzestatue des Künstlers Arturo di Modica. Da es sich nicht um eine Auftragsarbeit handelte, stellte der Künstler den Bullen äußerst aufmerksamkeitswirksam am Morgen des 15. Dezember 1989 unter den Weihnachtsbaum vor der New York Stock Exchange. Danach fand die Skulptur ihren endgültigen Platz auf dem Bowling Green, einem kleinen Park. Der Charging Bull als Talisman für die Wall-Street-Händler wurde schon von Millionen Touristen besucht und abgelichtet.

Bei unserer Ankunft hatte sich eine lange Schlange von Touristen gebildet, die sich vor dem Bullen fotografieren lassen wollten. Wir beobachten das Treiben eine Zeit lang und stellten erst danach fest, dass sich eine mindestens ebenso lange Menschenschlange am Hinterteil des Bullen gebildet hatte, die den Bullen an seiner männlichsten Stelle anfassen wollten.

Party-Stimmung am Bullen

Auf dem Rückweg in der Metro beschlossen wir, dass uns nach dem Riesen-Panini am Mittag heute ein Stück Pizza als Abendessen genügen würde: In der Nähe des Hotels gab es einen Laden, der für unfassbare 2,75 Dollar zwei Stücke Pizza sowie eine Cola verkaufte. Gesagt, getan!

Für einen nächtlichen Blick über Manhattan hatten wir uns Zeitfenstertickets für 20:10 Uhr für die Aussichtsplattform Top of the Rock im Rockefeller Center gesichert. Eine Riesenschlange von Besuchern wartete kurz vor acht bereits auf den Einlass – wir stellten uns ebenfalls in die Schlange, um pünktlich um 20:10 Uhr mit dem Aufzug nach oben fahren zu können. Dies führte jedoch zu einer lebhaften Diskussion zwischen Jochen und einer für die Organisation des Zutritts betreuten Mitarbeiterin, die uns aufforderte, die Schlange zu verlassen und uns erst wieder um 20:10 Uhr hinten einzureihen, nachdem sie gesehen hatte, dass unsere Tickets für 20:10 Uhr ausgestellt waren. Nach einigen intensiven Wortgefechten gaben wir schließlich nach, in der Befürchtung, ansonsten überhaupt nicht mehr eingelassen zu werden.

Total genervt von den unnötigen Diskussionen und dem Massenansturm von Touristen kamen wir dann gegen halb 9 an der ersten Aussichtsplattform an. Fotos des abendlichen Manhattans aufzunehmen, war jedoch auch dann noch nicht möglich, schließlich standen wir erst einmal in fünfter Reihe an und mussten warten, bis wir uns nach vorne gekämpft hatten. Also wieder mal warten, bis alle anderen ihre Fotos, Videos und Selfies geschossen hatten.

Blick nach Downtown Manhattan – Die Hochhäuser standen immer noch, als wir mit unseren Fotos an der Reihe waren
Blick nach Norden in Richtung Central Park
Mittlerweile wurden die Lichter eingeschaltet
Links: One Vanderbilt
Mitte: Empire State Building
Rechts: H&M-Store am Times Square

Unsere Stimmung verbesserte sich langsam, nachdem viele Touristen wieder den Nachhauseweg angetreten hatten und nach und nach etwas mehr Ruhe einkehrte. Dabei kamen wir ins Gespräch mit einem Mitarbeiter der Sicherheitsfirma, der gerade dabei war, selbst ein Foto von Downtown zu machen – wie jeden Abend, wie er uns erzählte. Es stellte sich heraus, dass der ursprünglich aus Kenia stammende Mann seine Kindheit und Jugend in der DDR verbracht hat und recht gut deutsch sprach. Nach der Zeit in Deutschland wanderte er in die USA aus und gründete dort seine Familie. Im kommenden Jahr plant er mit 65 Jahren seinen Ruhestand und will wieder in das Land seiner Geburt zurück. Was für eine bewegte Geschichte!

Als wir alle unsere Fotos geschossen und die mittlerweile entspannte Atmosphäre genossen hatten, spazierten wir – wieder unten angekommen – am Rockefeller Center vorbei dorthin, wo die übrigen Besucher und noch viele weitere Touristen wahrscheinlich hingegangen waren, zum Times Square.

Rockefeller Center mit der Aussichtsplattform von unten
Abendliche Stimmung auf der Rollschuhbahn vor dem Rockefeller Center

Nach zwei Jahren Corona-Einschränkungen müssen wir uns immer noch an solche Menschenansammlungen gewöhnen. Wir beobachteten das wilde Treiben eine Zeit lang, bevor wir uns auf den Weg zurück ins Hotel machten.

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