Karlsbad 09.04. – Fahrt nach Marienbad

Um das westböhmische Bäderdreieck vollständig bereist zu haben, fehlte uns noch ein Ausflug nach Marienbad. Die Heilquellen dort sind bereits seit dem Mittelalter bekannt, zum Glück nahmen wir jedoch den schwefelhaltigen Geruch der Marienquelle, früher auch “Stinkquelle” genannt, bei unserem Rundgang nicht wahr.

Ein erster Blick auf die prunkvollen Hotels am Rande des Stadtparks

Der Kurbetrieb in Marienbad startete Anfang des 19. Jahrhunderts und erlebte einen Aufschwung mit der Anbindung an die Eisenbahn im Jahr 1872. Im Jahr 1900 hatte Marienbad 4.617 Einwohner, davon waren 4.504 deutsch- und nur 25 tschechischsprachig. Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die deutsche Bevölkerung enteignet und vertrieben. Anstelle dessen siedelte man Tschechen aus Zentralböhmen in Marienbad an.

Natürlich zog der Ort auch berühmte Persönlichkeiten wie Johann Wolfgang von Goethe und Richard Wagner an. Royalen Besuch konnte der Kurort verzeichnen, als Anfang des 20. Jahrhunderts der britische König Edward VII. und Kaiser Franz Joseph I. die Stadt besuchten. Im Park hat man den beiden Monarchen ein Denkmal gesetzt. Dies war unser Ausgangspunkt auf unserem Spaziergang durch das Kurviertel.

Da hat sich ein wahrlich unbedeutender Zeitgenosse zwischen die zwei Monarchen gemogelt

Vom Denkmal aus ging es für uns bergauf, zunächst vorbei an dem monumentalen 117m langen und im Renaissancestil errichteten “Neuen Bad”, einem Kurhotel aus dem Jahr 1828, das sein heutiges Aussehen der Umgestaltung zum Ende des 19. Jahrhunderts zu verdanken hat.

Auch traditionell mit der Kutsche lässt es sich durch Marienbad fahren

Am höchsten Punkt des Parks thront ein Haus, das seine besten Zeiten bereits seit längerem hinter sich gelassen hat. Das Hotel Weimar (ehemals “Klebelsbergpalais”) war unter anderem die Herberge von Edward VII. bei seinen insgesamt neun Besuchen in der Stadt. Das Hotel verfiel jedoch im Laufe der Zeit, steht heute leer und wartet auf die dringend notwendige Sanierung.

Der Zahn der Zeit nagt am Hotel Weimar

Zu seinen Füßen hat man Johann Wolfgang von Goethe ein Denkmal gesetzt, das er sicher nicht dafür erhalten hat, als 74jähriger einer 19jährigen einen Heiratsantrag zu machen – der von der Auserwählten abgelehnt wurde.

Unterhalb des Denkmals steht die im neubyzanthinischen Stil in Form eines Oktogons errichtete Kirche Maria Himmelfahrt. Geöffnete Kirchenpforten außerhalb von Gottesdiensten haben offensichtlich keinerlei Tradition in Tschechien, so dass wir unser Glück vergebens an einer der beiden Eingangstüren versuchten.

33 Stufen der Treppe symbolisieren die 33 Jahren im Leben Jesu

Zurück zu den Kureinrichtungen gelangten wir etwas unterhalb an der Kolonnade der Karolina-Quelle. Wasser sprudelte keines und ein Gerüst deutete darauf hin, dass die Vorbereitungen für die Kursaison noch nicht abgeschlossen sind.

Auch die Singende Fontäne lag noch trocken und war so nicht in der Lage, die eigens von Petr Hapka komponierte mit einer wechselnden Abfolge von Wasserspielen zu begleiten. Gleich daneben ist die wundervolle Kreuzbrunnenkolonnade im neu-barocken Stil aus dem Jahr 1889 nicht zu übersehen. Ihre Eisengusskonstruktion wurde in Tschechien hergestellt und überstand zum Glück den Zweiten Weltkrieg, als man darüber nachdachte, die Trinkhalle für die Waffenherstellung zu demontieren.

Die Singende Fontäne hat noch Winterpause

Gleich nebenan im Pavillon an der Kreuzquelle können die Kurgäste so auch wir das Heilwasser aus unterschiedlichen Quellen Marienbad kosten – zum Glück hatten wir an unsere Trinkbecher aus Karlsbad gedacht. Für unsere Gaumen ungewohnt ist weiterhin der Eisengehalt des Wassers, der ein bisschen danach schmeckt, als würde man an einem rostigen Nagel lutschen.

Da wir nach dem Kosten des Heilwassers etwas Gutes für unseren Verdauungsapparat getan hatten, sollte im Anschluss auch die Seele nicht zu kurz kommen. Das Café Fuente im Innern der Kreuzbrunnenkolonnade war genau der richtige Platz, um einen leckeren Palatschinken mit süchtigmachenden Lotuskeks-Bröseln und Obst für das gute Gewissen und Nutella für ein Lächeln im Gesicht zu genießen.

Zum Glück ist die Fastenzeit vorbei

Im Anschluss kehrten wir zum Auto zurück und machten uns auf den Rückweg nach Karlsbad, wo wir im varyo für 18:30 Uhr einen Tisch reserviert hatten – das einzige Restaurant, in dem wir auf der längeren Suche am Vormittag noch einen Tisch für das Abendessen bekommen konnten.
Wir waren bereits um 17 Uhr in der Stadt und nutzten die Zeit vorab schon mal, den Eingang zum Restaurant zu suchen sowie nochmal entlang der Promenade bis zum Grandhotel Pupp zu laufen.

Ein bisschen haben auch wir uns in Karlsbad (auf Tschechisch: Karlovy Vary) verliebt

Der Weg zum Restaurant führte zunächst über zwei Treppen im Hotel Thermal, in dem das alljährliche Internationale Filmfestival Karlsbad stattfindet, vorbei an den Fotos der prominenten Schauspieler, die die Stadt bereits im Rahmen des Festivals besucht hatten. Im Anschluss führte unser Weg einen Korridor entlang, der an einem Aufzug endete, der uns nach oben zum Eingang der Schwimm- und Saunalandschaft beförderte. Von dort mussten wir nochmal aus dem Gebäude hinaus, um die Ecke und dann standen wir tatsächlich vor dem Restaurant mit einer Terrasse mit wunderbarem Blick auf das unterhalb liegende Schwimmbecken, in dem die Gäste ihre Bahnen zogen oder einfach das warme Thermalwasser genossen.

Wir hingegen genossen den herrlichen Ausblick auf das Häusermeer von Karlsbad, bevor wir uns der Speisekarte des Restaurants widmeten, die jedoch nicht ganz nach unserem Geschmack war, wir probierten das Schnitzel mit Kartoffelpüree. Das Essen war sehr durchschnittlich, der anschließende Espresso aber sehr gut, so dass wir gut gerüstet für den langen Rückweg über das Hotel waren.

Damit gehen für uns vier Tage im Westböhmischen Bäderdreieck zu Ende. Unsere Befürchtung, dass wir mit Abstand die jüngsten Besucher sein werden, hat sich glücklicherweise nicht bewahrheitet, gerade in Karlsbad waren sehr viele Familien mit Kindern unterwegs. Von den drei Kurbädern hat uns Karlsbad mit Abstand am besten gefallen. Die Stadt bietet den Besuchern ein großes Maß an Sehenswürdigkeiten, touristischer Infrastruktur und hat den hat den Flair vergangener Tage gut bis in die Neuzeit herübergerettet. Unabhängig davon lohnt der Besuch aller drei Städte auch dann, wenn man nicht zur Kur unterwegs ist.

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