Wir hatten im Vorfeld Den Haag als Übernachtungsort gewählt, um neben der Stadt selbst von hier aus auch die nähere Umgebung zu erkunden – so wie heute auf unserem Ausflug nach Rotterdam. Die Zugfahrt von Hauptbahnhof zu Hauptbahnhof dauerte nur etwas mehr als 30 Minuten und schon konnte die Besichtigung Rotterdams losgehen.
Einen Besuch des Huis Sonneveld hätten wir ohne unsere Museumskarte vielleicht nicht gemacht – wir hätten etwas verpasst.
Das Sonneveld-Haus ist eines der am besten erhaltenen Häuser im Nieuwe-Bouwen-Stil. Die freistehende Villa aus dem Jahr 1933 wurde vom Architekturbüro Brinkman und Van der Vlugt entworfen und von der Familie von Albertus Sonneveld, einem der Direktoren der Van Nelle-Fabrik, bewohnt.
Die Firma Van Nelle, deren Ursprung bis ins Jahr 1782 zurück reicht, produzierte Kaffee-, Tee- und Tabak, bis sie 1989 vom Konkurrenten Douwe Egberts geschluckt wurde. Jochen erinnerte sich noch daran, dass einige seiner Mitschüler in der Oberstufe damals selbst gedrehte Zigaretten von Van Nelle rauchten.
Durch die originale Einrichtung des Hauses führten 25 Audiostationen – wir erfuhren viel über die Ausstattung des Hauses, das zugrunde liegende Design, die Familie des Besitzers und nicht zu vergessen einige Zitate der Dienstmädchen, die ihre Chefin als “sehr streng und penibel” charakterisierten.





Schon von Haus Sonneveld aus zu sehen befand sich unser nächster Stopp: das Depot Boijmans Van Beuningen.

Das dazugehörige Museum ist seit 2019 geschlossen und die Renovierung zieht sich voraussichtlich bis 2029. Im Depot sind mehr als als 151.000 Objekte gelagert und auf vierzehn Lager mit fünf verschiedenen Klimazonen verteilt, da die Kunstwerke je nach Material unterschiedliche Temperaturen und Luftfeuchtigkeit benötigen. Bei dem Depot handelt es sich um das erste öffentlich zugängliche Kunstdepot, in dem Mitarbeiter im Rahmen von Führungen die Lagerung der Kunstwerke erläutern – wir durften sogar eines der Lager betreten. Zudem kann man in der aktuellen Ausstellung Lievelingen im fünften Stock die Lieblinge der Sammlung bewundern.




Ein weiteres Highlight befindet sich im sechsten Stock des Depots – die Aussichtsterrasse mit lichtdurchflutetem Café, die einen herrlichen Blick auf Rotterdam ermöglicht. Jochen war mutig und probierte eine holländische Spezialität – Kroketten. Fazit: Kann man essen – es geht aber sicherlich auch gesünder.




Für die Zusammenstellung der Werke der Ausstellung Lievelingen im fünften Stock war eine Umfrage unter den Besuchern Grundlage. Unser Fazit: Die Besucher haben gut gewählt und das Museum einen wirklich beeindruckenden Bestand an Kunstwerken.








Rotterdam, die zweitgrößte Stadt der Niederlande und an der Neuen Maas, dem Zusammenfluss von Lek und Waal gelegen, hat eine wichtige Funktion für die Versorgung von Europa mit Handelsgütern. Der Hafen der Stadt ist einer der größten Seehäfen der Welt und der größte Tiefwasserhafen Europas. Ca. 28.000 Seeschiffe und ca. 90.000 Binnenschiffe werden hier pro Jahr abgefertigt und ca. 193.000 Arbeitsplätze hängen direkt oder indirekt vom Hafen ab.
Von der Stadt aus starten 75minütige Bootstouren zum Hafengebiet, wobei lediglich die weiter im Land gelegenen Hafenbereiche angesteuert werden, die für Schiffe mit weniger Tiefgang zu erreichen sind. Die riesigen Containerschiffe legen weiter westlich im Europoort, dem äußersten und direkt an der Nordsee gelegenen Teil des Rotterdamer Hafens an.
Hier ein paar Eindrücke unserer Rundfahrt:




Direkt an der Anlegestelle der Ausflugsboote steht das Wahrzeichen von Rotterdam, die Erasmusbrücke. Die nach dem Philosophen Erasmus von Rotterdam benannte Straßenbrücke verbindet das Zentrum Rotterdams mit dem südlichen Teil der Stadt. Markant ragt der 139 Meter hohe angewinkelten Pylon in die Luft, der der Brücke den Spitznamen „De Zwaan“ (der Schwan) einbrachte.

Über die Erasmusbrücke spazierten wir nach Ende der Rundfahrt zum Stadtteil Kop van Zuid. Am Wilhelminapier steht das ehemalige Verwaltungsgebäude der Holland-America Line, die Passagiere mit Dampfschiffen von Europa nach Amerika brachte. Heute beherbergt das Gebäude das Hotel New York mit Sitzplätzen im Freien, die wir natürlich für einen kurzen Stopp nutzten – wir waren froh, dass sie windgeschützt sind.


Heute befindet sich im Innern ein schickes Restaurant
In Richtung Rotterdam Centrum nahmen wir anschließend die Straßenbahn und spazierten zur 2014 fertiggestellten Markthalle. Auf der Außenseite sieht man die Balkone von rund 200 Appartements, im Innrern beeindruckt das riesige Deckengemälde auf einer Fläche von 11.000 qm. Darunter konkurrieren Essensstände um die Gunst der Besucher. Auch wir konnten der Versuchung nicht widerstehen – unser Abendessen war damit gesichert.

Ganz in der Nähe der Markthalle stehen die sogenannten Kubushäuser des Architekten Piet Bloms, erbaut Anfang der 1980er Jahre. Die auf einem grauen Sockel stehenden würfelförmigen gelben Häuser erinnern an einen Wald. Das eigenwillige Design sollte einen Gegenentwurf zu den trostlosen anonymen Betonbauten nach dem Zweiten Weltkrieg darstellen. Leider waren wir heute zu spät dran, um einen Blick in ein für die Öffentlichkeit zugängliches Haus zu werfen. Es hätte uns schon interessiert, wie es sich darin leben lässt, und ob tatsächlich alles schief und krumm ist, oder ob es von innen gewöhnlicher aussieht als zu erwarten wäre.




Am Fuß der Kubushäuser liegt der Oudehaven, der alte Hafen der Stadt, an dem sich Bistros und Restaurants angesiedelt haben und in dem alte Kähne ihren letzten Bestimmungsplatz gefunden haben. Auch von hier hat man einen schönen Blick auf die Kubushäuser:




Von dort spazierten wir durch den Marine Distrikt mit dem Maritiem Museum zur S-Bahnhaltestelle De Beurs. Dort angekommen stellten wir fest, dass die S-Bahn bis zum Hauptbahnhof Den Haag durchfährt. Also einsteigen, entspannen und schon ist man ca. 40 Minuten später wieder in Den Haag.
So einfach funktioniert Öffentlicher Nahverkehr in den Niederlanden – zumindest in der Region Rotterdam/Den Haag.






