Sofern man Wallfahren wortwörtlich auslegt, waren wir heute Morgen korrekt unterwegs, denn es ging mit dem Bus zum Wallfahrtsort “Villa de Guadalupe“, dem Ort, der weltweit die zweitmeisten Pilger (nach Mekka) anlockt: jährlich kommen bis zu 20 Millionen Menschen hierher, um den Ort zu besuchen, wo der Legende nach dem mittlerweile heilig gesprochenen Indianer Juan Diego die Jungfrau Maria erschienen ist.
Die vielen Menschen, die hier in einer Prozession ankommen, haben meist viele Strapazen auf sich genommen und sind entsprechend erschöpft. Da es zur Zeit in Mexiko kaum regnet, übernachten die Gläubigen unter freiem Himmel und sind nur mit Decken gegen die Kälte geschützt. Am Tag übernehmen Plastikplanen den Schutz vor der sengenden Sonne.
Als wir ankamen zogen gerade – teilweise in indianischer Tradition mit buntem Federschmuck herausgeputzte – Pilgergruppen in die zehntausend Menschen Sitzplatz bietende neue Basilika ein.
Die ursprüngliche Kirche, die für den großen Andrang längst nicht mehr ausreicht, zeugt davon, dass der Untergrund, auf dem sie erbaut wurde, nicht gerade stabil war: die Türme könnten mit Pisa konkurrieren.
In der Pilgerhalle warteten bereits viele Pilger auf den Beginn der Messe.
Das Gnadenbild Marias, das man in Guadalupe verehrt, hängt an der Stirnseite der Pilgerhalle. Um die Pilger möglichst nahe an das Bild herankommen zu lassen, gleichzeitig die Messe aber nicht zu stören, hat man sich etwas Tolles einfallen lassen: man geht in Richtung Altar, eine Treppe nach unten und kann dort das Bild von unten anschauen – damit es zu keinem größeren Stau kommt, fahren die Pilger auf Gleittreppen an dem Bild vorbei.
Anschließend brachen wir mit dem Bus Richtung Teotihuacán auf, wo sich die größte freigelegte Ruinenanlage Lateinamerikas befindet. Zunächst jedoch schauten wir in der Nähe bei einer kleinen Kooperative vorbei, die Souvenirs herstellt: wir bekamen eine sehr kurzweilige Einführung zu mexikanischen Spirituosen wie Mezcal und Pulque, der Nutzung der Agave-Pflanze und natürlich der Herstellung von Souvenirs wie Teppichen sowie Figuren und Schmuck aus Obsidian, einem sehr harten Lavegestein. Die originelle Vorführung und der Alkohol bewegten einige der Mitreisenden, den Geldbeutel für ein paar Mitbringsel zu öffnen.
Zudem gab es zwei für uns ungewöhnliche – und in unseren Augen auch nicht sonderlich schöne – Nackthunde zu sehen.
Die Anlage von Teotihuacán ist allein aufgrund ihrer Ausmaße schon beeindruckend. Die höchsten Bauwerke sind die Mond- und Sonnenpyramide, die im Gegensatz zu ägyptischen Pyramiden nicht als Grabstätte für den Herscher dienten, sondern auf der Spitze einen Tempel beherbergten. Ziel war es, die Götter milde zu stimmen und für gute Ernten zu sorgen. Der Aufstieg auf die Pyramiden war den Priestern vorbehalten.
Diese müssen lange Beine gehabt haben, denn die Treppen sind mit ordentlich hohen Stufen versehen – war gar nicht so einfach, da hochzuklettern, und auf über 2000m Höhe kamen wir ganz schön aus der Puste. Aber wie so oft entlohnt der Blick von oben für die Strapazen des Aufstiegs.
Morgen verlassen wir Mexiko-Stadt und fahren in Richtung Südosten zunächst nach Puebla und von dort zum Übernachtungsort Oaxaca.