Nach knapp zwei Stunden Autofahrt erreichten wir unsere Ferienwohnung in der Nähe von Künzelsau, 50 km nordöstlich von Heilbronn. Die Stadt mit ihren gut 15.000 Einwohnern wäre sicherlich nicht über die Grenzen Baden-Württembergs hinaus bekannt, wäre dort nicht die Firmenzentrale der Würth-Gruppe beheimatet, Weltmarktführer von Montage- und Befestigungsmaterial. 1945 von Adolf Würth mit dem Ziel des Schraubenhandels gegründet, übernahm nach seinem Tod im Jahr 1954 sein Sohn Reinhold nach dessen Volljährigkeit 1956 das Zwei-Mann-Unternehmen und formte daraus einen weltweit agierenden Konzern mit über 80.000 Mitarbeitern.
Neben seinem beruflichen Erfolg engagiert sich Reinhold Würth gemeinsam mit seiner Ehefrau Carmen vielfältig sozial und kulturell. Der passionierte Sammler für moderne und zeitgenössische Kunst erwarb über Jahrzehnte eine umfangreiche Sammlung, die heute über 18.000 Werke umfasst. Um diese einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen, wurden insgesamt 15 Museen in Deutschland und dem europäischen Ausland gegründet, unter anderem auch am Firmensitz in Künzelsau.
Die Aussicht auf Regen am Nachmittag bot für uns die ideale Möglichkeit, uns ausgiebig mit der Sammelleidenschaft von Reinhold Würth zu beschäftigen. Startpunkt war ein umgebautes historisches Wohnhaus in Herzen der Altstadt von Künzelsau, die Hirschwirtscheuer.
Die aktuelle Ausstellung”Naturstücke” zeigt Werke von Anne Hausner: Die genaue Beobachtung der Natur und Wiedergabe von Farben, Oberflächen und Strukturen zeigen sich in den Gemälden, die nur bei genauem Hinsehen offenbaren, dass es sich dabei nicht um Fotografien handelt.
Wir drehten im Anschluss eine kurze Runde durch die schön herausgeputzte Altstadt von Künzelsau, bevor die ersten Regentropfen den herannahenden Dauerregen ankündigten.
Etwas außerhalb von Künzelsau im Stadtteil Gaisbach befindet sich die Firmenzentrale des Würth-Konzerns, die neben der Verwaltung das erste der in Künzelsau gegründeten Museen beheimatet. Hier werden seit 1991 Kunstwerke aus der Sammlung von Reinhold Würth ausgestellt. Aktuell findet sich dort die Ausstellung des 2018 verstorbenen Bildhauers Lun Tuchnowski mit dem Titel “Geometrie – Wahrnehmung – Einfühlung”. Der Künstler war Meisterschüler des dänischen Eisenplastikers Robert Jacobsen (1912–1993), der den Vorplatz des Museums gestaltete und in den folgenden Jahrzehnten am Auftritt der Sammlung Würth im In- und Ausland prägte.
In ca. 500m Entfernung eröffnete im Jahr 2017 das Museum Würth 2, das bedeutende Werke aus der Sammlung Würth zeigt. Unter dem Titel “Weitblick – Reinhold Würth und seine Kunst” werden hier Künstler wie Baselitz, Beckmann, Picasso, Richter, Warhol, Hockney, Munch und viele mehr gezeigt. Wir sollten nicht vergessen zu erwähnen, dass der Besuch der Ausstellungsräume kostenlos, aber nicht umsonst ist.
Direkt dem Museum angegliedert ist das Carmen Würth Forum, benannt nach der Ehefrau von Reinhold Würth, das als Kongress- und Kulturzentrum vielfältige Veranstaltungsmöglichkeiten bietet. Unter anderem treten hier auch die im Jahr 2017 ins gegründeten Würth Philharmoniker auf.
Nach so viel Kultur war Zeit für einen profanen Abschluss des Tages. Auf der Suche nach einem italienischen Restaurant wurden wir in Langenburg fündig. Die Fotos auf der Homepage der Pizzeria Gran Sasso von Pizzen aus dem Steinofen zogen uns magisch an und unser mittlerweile geschultes Auge für guten Pizzaboden lag absolut richtig. Etwas weniger Käse und die Pizza wäre perfekt gewesen.
Die Wetteraussichten für die kommenden Tage sagten längere sonnige Abschnitte voraus. Wir freuen uns darauf, die Region zwischen Jagst, Kocher und Tauber zu erkunden.