Ingelfingen 08.08. – Der Deutschorden und die Heilquellen von Bad Mergentheim

Auf dem Weg in die Altstadt von Bad Mergentheim stoppten wir zunächst im Stadtteil Stuppach an der Kirche Mariä Krönung.

Von außen eher unscheinbar, offenbart sich der kulturhistorische Schatz erst im Inneren der Kapelle

In der sogenannten Madonnenkapelle ist das Bildnis der Stuppacher Madonna von Matthias Grünewald aus dem Jahr 1516 ausgestellt, neben dem Isenheimer Altar in Colmar eines der Hauptwerke des Künstlers. Über Umwege kam das Bild im Jahr 1812 nach Stuppach. Zunächst war man der Ansicht, es handele sich um ein Werk Rubens und war danach erst mal enttäuscht, dass das Bild Matthias Grünewald zugeschrieben wurde. Heute zieht jedoch auch dieser Name Besucher in die Kapelle nach Stuppach.

Danach setzten wir unseren Weg in die Altstadt von Bad Mergentheim fort. Touristen würden Bad Mergentheim sicherlich links liegen lassen, hätten nicht zwei Ereignisse in der Vergangenheit die Geschichte der Stadt maßgeblich beeinflusst.

Im Jahr 1527 wählten die Hochmeister des Deutschordens ihren Sitz in Bad Mergentheim und behielten diesen bis 1809 bei. Gegründet wurde der Orden, dessen voller Name “Orden der Brüder vom Deutschen Hospital Sankt Mariens in Jerusalem” lautet, im Jahr 1190 in Akkon im Heiligen Land während des Dritten Kreuzzugs bei der Belagerung der Stadt durch Bremer und Lübecker Kreuzritter. Katastrophale hygienische Zustände im Lager erforderten den Aufbau eines Hospitals für die Menschen. Das ursprünglich lediglich karitative Ziel wurde durch die Erhebung zum geistlichen Ritterorden im Jahr 1198 um militärische Aufgaben ergänzt.

Eingangsportal des ehemaligen Deutschordensschlosses von Mergentheim

Im Zuge der Säkularisation zu Beginn des 19. Jahrhunderts verlor der Orden den Großteil seiner Gebiete und die karitativen Tätigkeiten traten wieder in den Vordergrund. Auch heute noch ist der Orden aktiv und besteht aus rund 1.000 Mitgliedern, darunter 100 Priester und 200 Ordensschwestern, die Institutionen der Sucht-, Alten- und Behindertenhilfe betreiben.

Im Schloss Mergentheim lässt sich anhand einer umfangreichen Sammlung die Geschichte des Ordens über die Jahrhunderte hinweg nachvollziehen und in den Prunkräumen die Macht des Ordens spüren. Aus Sicht eines Besuchers im 21. Jahrhundert ist die Geschichte des Ordens allerdings schwer nachvollziehbar.

In die Sammlung gelangt der Besucher über die die sogenannte Berwarttreppe, eine im Stil der Renaissance detailreich verzierte Wendeltreppe, die nach dem Baumeister Blasius Berwart benannt wurde. Dieser hatte im 16. Jahrhundert die Leitung der Umbaus von Schloss Mergentheim von einer mittelalterlichen Wasserburg zu einer repräsentativen Schlossanlage als Stammsitz des Deutschordens inne.

Ein Meisterwerk der Treppenbaukunst – die Berwarttreppe
Nicht Kleckern sondern Klotzen – ein scheinbar beliebtes Motto in der Renaissance

Nicht ganz so historisch wertvoll, aber sehr schön anzuschauen war zudem eine Ausstellung von Puppenstuben aus der Zeit vor dem ersten Weltkrieg, zusammengetragen von der Stuttgarterin Johanna Kunz. Ihr Ziel war, vor dem Hintergrund der Zerstörungen des 2. Weltkriegs einen Einblick in die bürgerliche Wohnkultur aus vergangenen Zeiten in Form der Puppenstuben zu erhalten.

Originalgetreue Szenen aus den letzten Jahrhunderten
Detailreiche Ausstattung inkl. Portraitbilder auf der Kommode

Zurück ins 20. Jahrhundert führte uns die Sonderausstellung “Micky Maus & Donald Duck” im Erdgeschoss des Schlosses: In vielen Skizzen und Bildern wurde anschaulich der Siegeszug der Comic-Figuren und die dafür verantwortlichen Zeichner Carl Barks, Floyd Gottfredson und Al Taliaferro beschrieben.

Ein kleiner Eindruck aus der Entstehung von Micky Maus und Donald Duck

Kurz warfen wir noch einen Blick in die Schlosskirche, bevor uns die Stadtführerin auf dem Marktplatz begrüßte, um uns auf einen kleinen Rundgang durch die Stadt mitzunehmen.

Auf dem Marktplatz der Stadt hat man dem Hochmeister des Deutschordens Wolfgang Schutzbar, genannt “Milchling”, einen Brunnen errichtet, unter dessen Leitung die erste Wasserleitung im Jahr 1546 für die Versorgung der Stadt errichtet wurde.

Vom Marktplatz aus ging es durch den Pfarrgang, eine schmale und besonders sehenswerte Verbindung zwischen Schloss und ehemaligem Johanniterhof.

Der Gang durch die Altstadt ist nichts für hochhackige Schuhe

Das letzte Stück des Rundwegs führte zum Schloss, wo wir erst mal im Schlosspark unter den mächtigen Platanen einen kurzen Regenschauer abwarteten, bevor die Führung im Schlossinnenhof endete.

Vom Schlosspark war es nicht mehr weit zum Kurpark, der auf das zweite wesentliche Ereignis in der Geschichte der Stadt zurückzuführen ist. Am 13. Oktober 1826 entdeckte der Schäfer Franz Gehrig die heutige Wilhelmsquelle. Eigentlich entdeckten seine Schafe die Quelle, aber die Namen der Schafe wurden nicht überliefert. In den Folgejahren wurden zwei weitere Trinkquellen und eine Badequelle erschlossen, woraufhin sich Bad Mergentheim zu einer Kurstadt entwickelte.

Bad Mergentheim heißt seine Kurgäste herzlich willkommen
Bronzeskulpturen im Park – bei der Figur hat die Dame sicherlich keine Kur notwendig

Jochen ließ es sich nicht nehmen, für 50 Cent einen Becher der Karls- und Wilhelmsquelle zu trinken – die als abführend bekannte Albertquelle sparte er sich.

Immer nur in kleinen Schlucken trinken (und danach ordentlich das Gesicht verziehen) – anders ist das eisen- und salzhaltige Wasser nicht zu genießen. Wäre aber auch seltsam, wenn es gesund wäre und gut schmecken würde

Im Anschluss spazierten wir ein wenig durch den Kurpark, wo ein Handwerkermarkt mit Verkaufsständen von Essen, Getränken und allerlei Krimskrams mehr Besucher anlockte als das benachbarte Open-Air-Konzert im Musikpavillon.
Apropos Getränke, eine Info aus der Stadtführung ist noch nachzureichen: Durch Bad Mergentheim verläuft die Bocksbeutelgrenze, das heißt, ein Stadtteil darf seinen Wein in Bocksbeuteln verkaufen und ein anderer nicht.

Nach dem ausgiebigen Besichtigungsprogramm waren wir froh, in Markelsheim auf der Terrasse des Restaurants Schurk einen Platz mit Blick auf die Weinberge des Taubertals zu bekommen und unser Abendessen zu genießen.

Der Blick über die Häuserdächer der Altstadt von Markelsheim

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