München 30.12. – Residenz und Lenbachhaus

Sofern Besucher des Freistaates Bayern an Schlössern der bayerischen Könige interessiert sind, ist ein Besuch der Prachtbauten Neuschwanstein, Linderhof und Hohenschwangau ein absolutes Muss. Die Erbauung dieser Schlösser begann jedoch erst in den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts. Im Gegensatz dazu war die Residenz in der Landeshauptstadt München bereits ab dem Jahr 1508 Sitz der Herzöge und später Kurfürsten und Könige von Bayern bis zur Auflösung der Monarchie im Jahr 1918.

Kurz zur Orientierung: Residenz (links), Feldherrenhalle (Mitte), Theatinerkirche (rechts)

Das Gebäude ist mit einer Gesamtfläche von 40.000 m² das größte Stadtschloss Deutschlands. Über die verschiedenen Stilepochen von Renaissance über Barock bis zum Klassizismus manifestierten die Mitglieder des Hauses Wittelsbach hier ihren Machtanspruch. Wandelt man als Besucher durch die über 150 Schauräume des Schlosses, ist es unvorstellbar, dass das Schloss im Zweiten Weltkrieg stark zerstört und nach 1945 wieder aufgebaut wurde. Zum Glück gab es immer wieder Pfeile mit Richtungsangaben für den Rundgang, ansonsten hätten wir uns hoffnungslos verlaufen.

Der Ende des 16. Jahrhunderts fertig gestellte Grottenhof war der erste Raum auf unserem Rundgang. Die seinerzeit gerne als Dekoration angelegten Grotten wurden von wohlhabenden Fürsten nach italienischem Vorbild erschaffen: Muscheln und Steine wurden zu Figuren modelliert, Springbrunnen und Wasserbecken schmücken den Raum.

Korallen, Perlmutt, Muscheln, Minerale, Bernstein, Jakobsmuscheln und andere Muschelarten schmücken den Grottenhof

Das daran anschließende Antiquarium ist mit 66 Metern Länge einer der größten und prächtigsten Renaissancesäle nördlich der Alpen. Der Raum war als Ort der Zurschaustellung antiker Skulpturen von Herzog Albrecht V. errichtet. Seine Nachfolger wandelten den Raum zu einem Fest- und Bankettsaal um. Wir waren von den Deckengemälden mit Allegorien der Tugenden und des Ruhmes und 102 Ansichten von Städten, Burgen und Schlössern des damaligen Herzogtums Bayern zutiefst beeindruckt. Den Besuchern vor gut 400 Jahren wird es sicherlich ebenso die Sprache verschlagen haben.

Bringt auch nach gut 400 Jahren die Besucher zum Staunen
Blick in Richtung einer Längsseite mit antiken Skulpturen und reicher Deckenmalerei

Weiter ging es zur Gelben Treppe, dem Aufgang zu den Appartements des Königs. Die beiden Figuren am oberen Treppenrand verkörpern den Wahlspruch “Gerecht und Beharrlich” des Erbauers Ludwig I. , der sich im Jahr 1810 mit seiner Heirat mit Therese von Sachsen-Hildburghausen für immer unsterblich machte, sind die Feierlichkeiten doch die Geburtsstunde des Münchner Oktoberfests.

Und weiter ging die Reise durch die Jahrhunderte Bayerischer Herrscher. Zunächst entlang der Kurfürstenzimmer, um dann zum Kaisersaal zu gelangen, der von Maximilian I. zu Beginn des 17. Jahrhunderts erbaut wurde und dem Besucher des Kaisers einen angemessenen Empfang bescheren sollte. Deckengemälde und Wandteppiche stehen unter dem Motto “Vernunft und Tugend”, auf die sich die fürstliche Herrschaft stützte.

Die sogenannten Reichen Zimmer ließ Kurfürst Karl Albrecht in den Jahren 1730 bis 1737 im Stil des Rokoko errichten. Das Paradeschlafzimmer diente nicht, wie zu vermuten wäre, der nächtlichen Ruhe des Herrschers, sondern ausschließlich der Darstellung von Prunk und Pracht.

Die Wandbehänge aus vergoldeten Silberfäden hinter dem Paradebett haben leider im Laufe der Jahrhunderte durch Oxidation etwas an Glanz verloren

In der Grünen Galerie war Party angesagt oder wie man zur damaligen Zeit sagen würde: Es fanden glanzvolle Festlichkeiten statt.

In der Grünen Galerie war zu Zeiten der bayerischen Könige sicher mehr los

Neben dem Paradeschlafzimmer befinden sich zwei Kabinette: das erste als Schreibzimmer konzipiert, aber auch als Spiegel- und Porzellankabinett ausgestaltet, im zweiten, dem Miniaturkabinett, sind 129 Miniaturen niederländischer, französischer und deutscher Meister des 16. bis 18. Jahrhunderts in die kostbare Wandvertäfelung eingelassen. Bei dem Anblick ist es kaum zu glauben, dass bei den Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg nur die Miniaturen und die Türen unversehrt blieben, alles andere musste rekonstruiert werden.

Der neueste Teil der Residenz stammt von Anfang des 19. Jahrhunderts, als Ludwig I. nach seinem Regierungsantritt im Jahr 1825 die Residenz um den sogenannten Königsbau erweiterte. Der Architekt Leo von Klenze entwarf nicht nur die Räume, er war auch für die Innenausstattung im Stil des Klassizismus verantwortlich.

Thronsaal von Königin Therese, der Frau Ludwigs I.
Nicht nur der Thron Ludwigs I., auch der Fußboden ist eine Augenweide

Zum Abschluss des Rundgangs durch die Residenz bekamen wir einen kleinen Vorgeschmack auf die noch zu besichtigende Schatzkammer. An dem Ort, an dem sich ursprünglich der Speisesaal des Königsbaus befand, der im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde, sind opulent eingedeckte Silber- und Porzellantafeln der Wittelsbacher Herrscher zu bestaunen.

Damit war unser Besichtigungsprogamm in der Residenz noch nicht beendet, es warteten noch die Schatzkammer und das Cuvilliés-Theater auf uns. Im Laufe der Jahrhunderte kam durch die Sammelleidenschaft der Wittelsbacher Herrscher einiges an Kunstschätzen zusammen. Den Abschluss bildeten Anfang des 19. Jahrhunderts die Aufnahme der Kroninsignien des neuen Königreichs Bayern und die Übernahme von Kirchenkunst aus säkularisierten Klöstern in die Schatzkammer.

Hier ein paar Eindrücke aus der insgesamt über 1200 Einzelstücke umfassenden Sammlung:

Wenn man mal ganz viel Zeit hat, kann man die in Rom stehende Trajanssäule samt Relief in Miniatur nachbauen

Nach so viel Prunk stand uns der Sinn nach etwas sehr Weltlichem: Ein leckeres Brot, in der bayerischen Hauptstadt standesgemäß mit “Obatzda” bestrichen, um gut gerüstet für den weiteren Tag zu sein.

Laß daas schmecka”

Einen kurzen Abstecher hin zum Prunk gab es anschließend doch noch: Wir besichtigten das Theater, das den Namen seines Architekten François Cuvilliés der Ältere trägt und im Auftrag des bayerischen Kurfürsten Max III. Mitte des 18. Jahrhunderts errichtet wurde. Ursprünglich an anderer Stelle in der Stadt beheimatet, wurde es im 2. Weltkrieg völlig zerstört, lediglich die geschnitzten Einbauten für die Zuschauer blieben erhalten und fanden nach ihrer Restaurierung in der Münchner Residenz einen neuen Platz. Heute wird das Theater wieder als eine Spielstätte des Residenztheaters für Aufführungen genutzt.

Im Anschluss machte sich unsere Wochenkarte der Münchner Verkehrsgesellschaft abermals bezahlt – wir nutzten die Museumslinie 100, um zur Städtischen Galerie im Lenbachhaus zu gelangen, benannt nach Franz von Lenbach, der die Villa Ende des 19. Jahrhunderts bauen ließ. Nach Sanierung und Errichtung eines Erweiterungsbaus dient es heute als Museum – zum einen, um die historischen Räume den Besuchern zu präsentieren, zum anderen, um hochrangige Kunstwerke auszustellen. Insbesondere die Gemälde der Künstlergruppe Der Blaue Reiter mit Werken von Alexej Jawlensky, Wassily Kandinsky, Gabriele Münter, Franz Marc, August Macke, Marianne von Werefkin und Paul Klee haben das Lenbachhaus über die Grenzen Münchens und Deutschlands hinaus gekannt gemacht.

Nach Betreten des eindrucksvollen Foyers widmeten wir uns einer der Sonderausstellungen Kunst und Leben von 1918 – 1945.

Beeindruckendes Foyer im Lenbachhaus

Zu den uns teilweise unbekannten Künstlern, deren Werke alphabetisch angeordnet waren, gab es auf Informationstafeln eine kurze Beschreibung des Lebenslaufs der Künstler sowie ausgewählte Kunstwerke. So erfuhren wir viele interessante Details über die Kunstschaffenden. Erschreckend war, wieviele von ihnen entweder aufgrund ihrer jüdischen Abstammung oder ihrer als Entartete Kunst deklarierten Bilder ihre künstlerische Laufbahn aufgeben, sich der NS-Diktatur fügen oder das Land verlassen mussten. In einigen Fällen wurden sie deportiert und in Konzentrationslagern ermordet.

Liste der Künstler*innen der Ausstellung

Julius Hüther – Selbstportrait (1946)

Quasi als Intermezzo vor der Ausstellung zum Blauen Reiter im Obergeschoss des Museums schauten wir uns die historischen Räume der Villa Franz von Lenbach an und Plastiken/Werken von Joseph Beuys aus der Sammlung Lothar Schirmer. Die Leser des Blogs mögen entscheiden, welche der beiden Ausstellungen ihnen mehr zusagen.

Ein Blick in die Räume des “Malerfürsten” Franz von Lenbach
Vielleicht ein wenig dunkel und nicht gerade nach unserem Geschmack eingerichtet, aber definitiv prunkvoll
Franz von Lenbach mit Frau Lolo und Töchtern Marion und Gabriele (1903)

Dem Blauen Reiter hat war unter dem Titel Gruppendynamik – Der Blaue Reiter die gesamte obere Etage des Museums gewidmet.

Originalausgabe des Almanach “Der Blaue Reiter” (1912)

Auch hier fanden wir neben den Kunstwerken vor allem die Ausstellungspräsentation ansprechend und informativ. So wurden die Kunstwerke in Beziehung zu unterschiedlichen Einflüssen auf die Künstler*innen Anfang des 20. Jahrhunderts wie beispielsweise ostasiatischen Holzschnitten, russische Volkskunst, Kinderzeichnungen oder Musik gesetzt. Daneben wird die Geschichte und Entwicklung des Blauen Reiters aufgezeigt.

Franz Marc – Weinende Pferde I (1910)
Franz Marc – Blaues Pferd I (1911)
Wladimir Burljuk – Die Tänzerin (um 1910)
Heinrich Campendonk – Bild mit Kuh (um 1920)
August Macke – Zoologischer Garten I (1912)

So viele schöne Eindrücke verlangten nach einem angemessenen Abschluss des Tages. Bereits am Vorabend hatten wir einen Tisch im Restaurant Atzinger, das traditionelle deutsche Küche auftischt, reserviert. Bei einem frisch gezapften Löwenbräu Dunkel vom Fass und einem Schnitzel mit Bratkartoffeln ließen wir den Tag Revue passieren und freuten uns auf unser Hotelbett.

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