Schwäbisch Hall 12.08. – Würth hoch drei

Fährt man wie wir mit dem Auto von Schwäbisch Hall ins nahegelegene Künzelsau, sieht man schon aus der Ferne mit dem riesigen Würth-Logo versehene Hallen: Hier befindet sich die Zentrale des weltweit erfolgreichen Unternehmens für Montage- und Befestigungsmaterial. Gleich nebenan, praktisch auf der Wiese mit Blick auf die hügelige Hohenloher Landschaft, steht das Museum Würth 2, in dem Werke namhafter Künstler in wechselnden Ausstellungen präsentiert werden.
Aktuell ist noch bis Anfang September der Landschaftsfries A Year in Normandie von David Hockney im Dialog mit anderen Werken des Künstlers aus der Sammlung Würth zu sehen.

David Hockney – A year in Normandie (2020 / 2021)

Die Absicht des 1937 geborenen britischen Künstlers, den Besucher in Bewegung zu versetzen, indem dieser entlang des aus vielen Einzelbildern zusammengesetzten Werks schlendert und so die Normandie im Wandel der Jahreszeiten erleben kann, geht voll auf. Entstanden sind die Werke rund um den Wohnort des Künstlers in der Normandie – nach der Zeichnung auf dem dem iPad wurden die Werke von Hockney zu einem 90m langen Fries zusammengesetzt und ausgedruckt. Nicht von ungefähr erinnert der ausgestellte Fries an den Teppich von Bayeux, auf dem die Eroberung Englands durch die Normannen im Jahr 1066 dargestellt ist – Hockney wählte bewusst einen ähnlichen Aufbau.
Interessant war auch die rund 15minütige Dokumentation im Untergeschoss des Museums, in der die Entstehung des Werks vom Künstler geschildert wurde.

Der Frühling hält Einzug in der Normandie

Neben dem rund um den Ausstellungsraum aufgehängten Fries der Jahreszeiten in der Normandie sind weitere Werke von David Hockney ausgestellt – unnötig zu erwähnen, dass diese sich alle im Besitz der Würth-Stiftung befinden.

David Hockney – Felled Trees on Woldgate (2008)

Der zweite Teil des Ausstellung zeigte anlässlich seines 85. Geburtstags großflächige Drucke sowie weitere Gemälde und Skulpturen von Georg Baselitz, die teilweise mit Erläuterungen per Audioguide verständlich gemacht wurden. Bei Baselitz ist zu beachten, dass die Bilder meist auf dem Kopf gemalt sind – vielleicht hilft das beim Entschlüsseln.

Es sind auch zwei Neuerwerbungen aus dem letzten Jahr zu sehen: Die beiden feuervergoldeten Reliefs in Form des italienischen Stiefels sind eine Hommage an die Künstler Willem de Kooning und Lucio Fontana.

Georg Baselitz – Willems Bein / Lucios Halbinsel (2020)

Die Kunstwerke der Sammlung Würth enden nicht an der Tür beim Verlassen des Museums – der Besucher kann sich rund um das Museum auf Entdeckungsreise begeben und Skulpturen berühmter Künstler entdecken. Werke von Tony Cragg aus der Reihe Points of View, die an eine deformierte Wirbelsäule erinnern, oder der durch ihre voluminösen Nanas berühmt gewordenen Niki de Saint Phalle stehen entlang des Rundwegs ebenso wie Skulpturen uns größtenteils unbekannter Künstler – aber es macht Spaß, auf Entdeckungsreise zu gehen und mittels Audioguide kommt man den Kunstwerken und den dahinterstehenden Ideen der Künstler zumindest etwas näher.
Bei hoher Luftfeuchtigkeit und brennender Sonne kamen wir auf dem kurzen Rundweg ordentlich ins Schwitzen.

Tony Cragg – Points of View (2013)
Georg Baselitz – BDM Gruppe (2012)

Zurück in Schwäbisch Hall stellten wir das Auto am Hotel ab und spazierten entlang des Kocher zur Kunsthalle Würth.

So sieht Idylle aus

Vor dem Besuch Ausstellung Rosenrot, Grasgrün, Quittengelb war jedoch eine Stärkung auf der Dachterrasse des in Nachbarschaft gelegenen Restaurants Sudhaus von Nöten. Wir hatten großes Glück, eine Reisegruppe war kurz zuvor aufgebrochen und hatte alle Plätze freigegeben, so dass wir uns einen Tisch mit herrlichem Blick auf die Altstadt unter den Nagel reißen konnten. Sehr freundliche Bedienungen, gebackene Apfelküchlein (“der Evergreen”), ein Stück Johannisbeer-Baiser-Kuchen und kühle Getränke mit tollem Ausblick – was wollen wir mehr?

Ist das nicht ein schönes Plätzchen für eine Pause? Pünktlich vor dem heraufziehenden Gewitter hatten wir bezahlt und brachen zur Kunsthalle am Fuß des Sudhauses auf

Im Anschluss ging es in die Kunsthalle, wo rund um das Thema Natur ganz unterschiedliche Werke der Sammlung Würth – mal gegenständlich, mal abstrakt, mal von namhaften, ein anderes Mal von uns weniger bekannten Künstlern – auf zwei Stockwerken präsentiert wurden.

Die folgenden Bilder zeigen einen Querschnitt über die ausgestellten Kunstwerke:

Tomi Ungerer – Hundefamilie / Elefant / Zwei Kraniche (2005)
herman de vries – aus der Lagune von Venedig (2014)

Alex Katz – Homage to Monet 6 (2009)
Nicole Bianchet – Blaue Blume riecht man nicht (2009)

Neben den Werken aus der Würth-Sammlung waren auch florale Kunstwerke des Japaners Azuma Makoto zu bewundern, der eigentlich Rockstar werden wollte. Als jedoch der Durchbruch auf sich warten ließ, suchte er nach Jobs und fand Arbeit auf einem der größten Blumen und Gemüsemärkte Japans. Dort entwickelt sich seine Leidenschaft für Pflanzen. Über einen eigenen Blumenladen und eine Haute Couture Boutique für Blumen, in der kein Strauß dem anderen gleicht, widmete er sich schließlich der Gestaltung von Pflanzenskulpturen. Eine davon erblüht während der Ausstellung in der Kunsthalle Würth und wird auch hier langsam vergehen.

Azuma Makoto – Underwater Flower

Ein weiterer Ausstellungskomplex zeigte eine Auswahl zeitgenössischer japanischer Bambuskörbe aus der Privatsammlung Naej Collection, eine in der westlichen Welt wenig bekannte Kunstform. Die Körbe versuchen dabei, die Formen von Bronze- und Porzellangefäßen nachzuahmen.

Da nach der Ausstellung noch etwas Zeit bis zum Abendessen war und sich das zwischenzeitlich über Schwäbisch Hall heruntergehende Gewitter verzogen hatte, machten wir auf dem Rückweg zum Hotel einen Zwischenstopp in der Johanniterkirche, in der mittelalterliche sakrale Kunst zu sehen ist – eine weitere Sammlung von Reinhold Würth: Alte Meister mit Holbein-Madonna.

Johanniterkirche in Schwäbisch Hall

Basis für die Sammlung war der Fürstlich Fürstenbergische Bilderschatz aus Donaueschingen samt fünf Tafeln des Falkensteiner Altars, den der Unternehmer 2003 vollständig erwarb und um weitere Kunstwerke erweiterte, so auch die bedeutendste Ergänzung, die Madonna des Bürgermeisters Jacob Meyer zum Hasen von Hans Holbein dem Jüngeren. Das Bild Holbeins zählt zu den berühmtesten und wohl schönsten Gemälden des 16. Jahrhunderts.

Meister von Meßkirch – Falkensteiner Retabel (nach 1530)
Züricher Veilchenmeister – Antonius Retabel (um 1505 – 1510)

Nicht zu vergessen: Die Kunstmuseen Würth sind 7 Tage die Woche geöffnet und immer kostenlos, der Besuch aber nicht umsonst – soll heißen: es lohnt sich immer.

Für den Abend hatte Alex bereits einen Tisch im Restaurant Entenbäck reserviert. Zu Jochens Enttäuschung fanden sich keine Spätzle mit Linsen auf der Karte, aber auch mit Frikadellen kann man hungrige Besucher glücklich machen.

Nach einem Absacker in der Vinothek Alte Goldschmiede machten wir uns auf den Rückweg zum Hotel.

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