Wichtigstes Utensil im Gepäck war für heute unser Regenschirm. Immer wieder zogen dunkle Wolken am Himmel entlang und entließen ihre feuchte Fracht über unseren Köpfen. Aber zumindest einen Tag lang hielt das Nordufer des Lago Maggiore für uns genügend Aktivitäten wettergeschützt im Innern bereit.
Das Museo Castello San Materno in Ascona bietet Heimat für Kunstwerke aus der Sammlung der Kulturstiftung Kurt und Barbara Alten. Das Sammlerehepaar, aus der Region Hannover stammend und mit dem Aufbau ihres Unternehmens im Bereich Verladetechnik reich geworden, trugen in den 80er- und 90er-Jahren des letzten Jahrhunderts eine Kunstsammlung mit Werken der klassischen Moderne zusammen. Es war ihnen ein Anliegen, die Werke der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, die Suche nach einem geeigneten Museum gestaltete sich jedoch lange Zeit schwierig. In Ascona entdeckten sie das renovierungsbedürftige Castello San Materno. Nach dem Abschluss von umfangreichen Restaurierungsarbeiten wurde das Castello zu einem Museum umgebaut und schließlich im April 2014 eröffnet.
Aktuell wurden zwei Sonderausstellungen präsentiert: Félix Vallotton – Der Schönheit ein Denkmal setzen sowie Marianne Werefkin – Werke aus den Sammlungen der Gemeinde Ascona.
Der schweizerisch-französischen Künstler Vallotton besaß vielfältige Talente und betätigte sich als Maler, Grafiker, Illustrator, Bildhauer sowie Kunstkritiker und Schriftsteller. In der Ausstellung konnten sich Besucher insbesondere von seinem Können im Holzschnitt überzeugen.






Die in Russland geborene Künstlerin Marianne von Werefkin, die 1896 gemeinsam mit Alexej Jawlensky nach München zog, gründete gemeinsam mit weiteren Künstlern Anfang 1909 die Neue Künstlervereinigung München, die letztendlich die Keimzelle für die Expressionisten des Blauen Reiters war. Durch den Ausbruch des Ersten Weltkriegs waren von Werefkin und Jawlensky gezwungen, Deutschland zu verlasse. Sie siedelten in die Schweiz über, wo sie über Zwischenstationen letztendlich 1918 nach Ascona an den Lago Maggiore kamen. Von Werefkin lebte bis zu ihrem Tod 1938 in Ascona, wohingegen Jawlensky sich 1921 von ihr trennte, nach Wiesbaden zog und dort Helene Nesnakomoff, die ehemalige Haushälterin von Werefkins und Mutter seines Sohnes Andreas heiratete.
Von der frühen Phase in Russland, als von Werefkin aufgrund ihrer realistischen Malerei den Namen „Russischer Rembrandt“ bekam, ist in den Werken, die Anfang des 20. Jahrhunderts entstanden, nichts mehr zu sehen. Leuchtende, expressionistische Farben prägen jetzt ihre Kunstwerke.
Im Anschluss an die Ausstellung parkten wir das Auto in der Nähe der Altstadt von Ascona und schlenderten zur Seepromenade, wo sich die Besucher unter den Markisen der Restaurants und Cafés vor den immer wieder einsetzenden Regenschauern schützten. Schmale Gassen führen durch die malerische Altstadt, Geschäfte mit Tessiner Delikatessen und Modeläden locken Besucher an. Um hier ausgiebig zu shoppen benötigt man allerdings eine ziemlich dicke Brieftasche – die in den Schaufenstern ausgestellte Kleidung sprengte bei Weitem unser Budget und geschmackvoll war auch nicht alles, was hier zum Verkauf angeboten wurde.




Zum Nachmittag besserte sich das Wetter nicht wirklich, Regenschauer drohten ebenso wie der Besuch eines Museums für zeitgenössische Kunst (zumindest für einen von uns, der mit zeitgenössischer Kunst nicht immer allzu viel anfangen kann). Die Ghisla Art Collection, gegründet vom Ehepaar Martine und Pierino Ghisla, präsentiert im Herzen von Locarno in einem futuristischen Gebäude Kunstgegenstände von internationalem Rang.
In der laufenden Ausstellung In Between wurden die italienischen sowie amerikanischen Werke nicht klassisch chronologisch präsentiert, sondern wiesen andere Zusammenhänge auf, wie beispielsweise die Gemeinsamkeit der Stilrichtung Pop Art oder die Reduzierung der Kunstwerke auf die Farbe Weiß. Ein Audioguide in deutscher Sprache war im Preis enthalten, die Erklärungen teilweise aufschlussreich, zum Teil hinterließen sie bei uns aber trotzdem große Fragezeichen.
Hier ein kleiner Eindruck von den ausgestellten Werken und den Ausstellungsräumen.


Nägel drücken zum einen von unten gegen die Leinwand und sind zum andern von oben in die Leinwand geschlagen
Vor dem Ausstellungsgebäude in den Rusca-Gärten gleich neben dem Casino der Stadt befindet sich ein kleiner Walk of Fame: Hier haben sich Musiker, die Locarno anlässlich des jährlichen Musikfestivals auf der Piazza Grande Moon&Stars seit 2004 besucht haben, mit bronzenen Handabdrücken verewigt. Ein breites Spektrum uns bekannter Künstler hat hier seine Spuren hinterlassen: Von den Toten Hosen über ZZ Top, Nena, Peter Fox, den Fantastischen Vier bis hin zu Bryan Adams und R.E.M. war für viele Geschmäcker etwas dabei.



Kulinarische Abwechslung gab es heute beim vegetarischen Abendessen – das Ristorante vegetariano Govinda serviert in der Altstadt von Locarno indische Küche. Da wir vor der Öffnung des Restaurants noch etwas Zeit hatten, spazierten wir auf einen Drink zur Piazza Centrale, wo ein Orchester gut geschützt unter einem Zeltdach Hits von Deep Purple und Coldplay spielte oder kleine Pausen einlegte, wenn der Himmel mal wieder seine Schleusen öffnete.
Beim Inder angekommen, las sich die Speisekarte ungewöhnlich für uns. Es wurden nur wenige Komponenten aufgelistet, aus denen man sich ein vollständiges Essen zusammenstellen konnte, oder man entschied sich wie wir für das Tagesmenü (zu einem stolzen Preis von 45 CHF pro Person), bei dem von allem etwas dabei war. Das Essen war nicht schlecht, bei weitem nicht vergleichbar mit indischem Essen in Deutschland und aus unserer Sicht deutlich überteuert.

Zurück auf der zentralen Piazza mussten wir einen Slalom um die Wasserpfützen laufen. Für morgen ist Sonnenschein angekündigt, wir sind gespannt, ob die Wettervorhersage hält, was sie verspricht.























