Die deutsche Sprache an sich ist nicht einfach und auch nicht immer zwingend logisch. Beim Schreiben des heutigen Blogbeitrags offenbarte sich dieses wieder einmal in aller Deutlichkeit. Die Inseln im Lago Maggiore, die wir heute besuchten, befinden sich im Besitz der Familie Borromeo – es handelt sich demnach um die Borromäischen Inseln. Den Wechsel von “eo” auf “äi” soll erstmal ein Nicht-Muttersprachler fehlerfrei hinbekommen.
Die Borromäer waren ursprünglich eine der bedeutendsten Bankiersfamilien in Mailand des 15. Jahrhunderts. Um 1440 erwarben sie zwei Burgen am Lago Maggiore und festigten so ihre Besitzansprüche am See. Die Ländereien der Familie bildeten zwischen 1445 und 1797 sogar einen eigenen Staat. Die heute von den zahlreichen Besuchern bewunderten Paläste und Gärten entstanden deutlich später. Es erforderte eine riesige Kraftanstrengung, um die ursprünglich unfruchtbaren, felsigen Inseln in von Menschenhand gemachte Paradiese zu verwandeln. Mehr als eine Million Besucher – überwiegend Deutsche und Franzosen – wollten sich diesen Anblick im Jahr 2023 nicht entgehen lassen.
Um auf die drei der insgesamt fünf Inseln zu gelangen, boten sich verschiedene Möglichkeiten an: entweder mit der regulären Personenfähre oder durch Nutzung von Hop-On/Hop-Off-Touren alternativer Anbieter, die die Inseln anhand von Schnellbooten miteinander verbinden. Wir entschieden uns für die Fähre mit Start in Baveno – ob schlau oder nicht, sollte sich erst später herausstellen. Für den Besuch der Paläste und Gärten der Isola Bella und Isola Madre hatten wir zuvor online ein Kombiticket zum Preis von 36 EUR erworben. Für die kleinere Isola dei Pescatori, die weitgehend keine Sehenswürdigkeiten bietet, dafür aber eine Vielzahl an Restaurants, ist kein Eintritt fällig.
Start war für uns auf der Isola Bella: 1632 wollte Carlo III. Borromeo für seine Frau Isabella d’Adda – nach der die Insel heute benannt ist – einen Palast errichten, was durch die aufkommende Pest zunächst verhindert wurde. Erst sein Sohn Vitaliano VI. Borromeo konnte den Bau zwischen 1650 und 1671 vollenden und die angelegten Gärten verfeinern.
Nach der Überfahrt von Baveno bekamen wir erst einen Teil der Besuchermassen zu sehen, als wir den Palazzo Borromeo um Viertel vor 10 Uhr erreichten. Etliche mit Kopfhörer ausgestatteten Reisegruppen warteten mit ihren Guides auf den Einlass in den Palast um 10 Uhr.
Wir reihten uns in die Schlange ein und wurden zwischen den zahlreichen Gruppen mehr oder weniger durch den Palast “geschoben”. Der Palast ist heute ein Museum für barocke Kunst, in dem es unter anderem Gemälde, Wandteppiche, Möbel zu bewundern gilt, die von der Familie Borromeo in Jahrhunderten zusammengetragen wurden. Aber nicht nur die Einrichtungsgegenstände, sondern vor allem die prächtige barocke Ausstattung der zwanzig Säle des Palastes inklusive der aufwendig gestalteten Grotten ist überwältigend und zeugt vom Reichtum der Familie.
Einige Säle – wie der “Konversationsraum” und der “Ballsaal” – verweisen auf die ursprüngliche Funktion der Räume, andere erhielten ihren Namen aufgrund der ausgestellten kostbaren Gegenstände, wie zum Beispiel “Medaillensaal”, “Thronsaal” oder die “Arazzi-Galerie”, in der kostbare flämische Gobelins mit mythologischen Szenen zu sehen sind. Wieder andere Räume verdanken ihren Namen berühmten Persönlichkeiten, die sich in ihnen aufgehalten haben, wie beispielsweise der “Napoleonsaal” und der “Königinnensaal”. In der Galerie Berthier findet sich eine Sammlung des französischen Generals mit über 130 Gemälden aus dem 17. und 18. Jahrhundert, darunter auch einige Kopien von berühmten italienischen Meistern wie beispielsweise Raffael oder Tizian. Zu damaliger Zeit war es üblich, die eigenen vier Wände auch mit Kopien zu schmücken.


Immer wieder begegneten wir im Palast sowie außerhalb den Emblemen der Familie: Dem im Korb sitzenden Kamel, dem Einhorn, der Pferdetrense und der Zeder.




Insgesamt sechs Grotten sollten die Gäste beeindrucken und im Sommer für eine kühlere Umgebung sorgen. Beide Zwecke erfüllten die Grotten auch heute – wir waren beeindruckt von den mit Kieselsteinen, Muscheln, Marmor und Tuffsteinen verzierten Wänden, Gewölben und Böden, die die Besucher in die Meereswelt eintauchen lassen.
Von den kühlen Grotten hin zum Ausgang lag die Arazzi-Galerie mit kostbaren Gobelins auf unserem Weg.
Außerhalb der Palastmauern ist die Pracht nicht weniger opulent. Vitaliano VI. Borromeo ließ große Mengen Erde auf die Insel bringen, um ein pyramidenartiges System von zehn Terrassen für den Garten zu errichten. Es entstand das Teatro Massimo: ein Amphitheater, überragt von einer Einhornstatue, dem Familiensymbol. Auf den zum See abfallenden Terrassen befinden sich zahlreiche Statuen, Obelisken und Brunnen. Von weitem erinnert seine Form an das Heck einer Galeone, die den Lago Maggiore durchzieht.






Durch die Massen an Besuchern dauerte unser Rundgang durch den Palast und die Gärten leider länger als geplant, sodass wir die Fähre zur Isola Madre um halb zwölf verpasst hatten und eineinhalb Stunden im Schatten eines Cafés – die Temperatur hatte mittlerweile die 30 Grad-Marke überschritten – auf die Weiterfahrt warten mussten. Mit den Wassertaxis mit halbstündigem Hop-On/Hop-Off Service zwischen den Inseln wären wir besser gefahren – aber hinterher ist man ja immer schlauer.

Über die reguläre Fährroute via Isola Pescatore und Baveno erreichten wir die Isola Madre, auf der nicht so sehr der Palast, sondern vielmehr der Landschaftsgarten beeindruckt. Dieser wurde von 1823 bis 1825 von Gartenbauern aus Monza – auf Anregung der Grafen Giberto V. Borromeo und Vitaliano IX. Borromeo Arese – im Englischen Stil errichtet. Dank des milden Klimas wurden nicht nur Kamelien, Azaleen, Rhododendren und Magnolien angepflanzt, sondern auch Oleander und Hibisken.
Mitten im Sommer blühte bei unserem Besuch leider nicht mehr allzu viel, und so waren wir zumindest für die schattenspendenden hohen Bäume dankbar.
Um die Wende zum 20. Jahrhundert ergänzte man diese durch Palmen und exotische Nadelbäume. Die vor dem Palast stehende majestätische Kaschmir-Zypresse, deren Samen die Insel im Jahr 1862 erreichten, ist das Wahrzeichen der Isola Madre. Ein Wirbelsturm brachte sie 2006 zu Fall, nur durch aufwendige technische Maßnahmen konnte sie wieder aufgerichtet und damit gerettet werden, so dass Besucher auch heute noch das blaugrüne, hängende Laub bewundern können.
Der Palast wurde im 16. Jahrhundert erbaut und vom 18.-19. Jahrhundert von der Familie Borromeo bewohnt. Heute ist es ein Museum, in dem Einrichtungsgegenstände der Borromäer aus anderen Anwesen in der Lombardei gezeigt werden. Interessant waren vor allem die Kulissen und Figuren der Marionettentheater, die mit ihrer Fantasiewelt die Familie bei Heimvorstellungen unterhielten. In den drei dem Theater gewidmeten Sälen findet sich eine der weltweit größten und besterhaltenen Sammlungen von Bühnenapparaten, Marionetten und Drehbüchern.

Am Abend standen wir in Stresa bereits zehn Minuten vor Öffnung der Taverna del Pappagallo, die wir heute zum zweiten Mal aufsuchten, in Warteposition und konnten so trotz fehlender Reservierung einer der begehrten Plätze im Patio ergattern. Für die kommenden Tage – und vielleicht Wochen? – wird das unsere letzte Pizza sein. Anschließend gab es gleich nebenan noch ein letztes Eis und wir fuhren satt und zufrieden zur Unterkunft zurück, um die morgige Abreise vorzubereiten.




Bei deutlich besserer Sicht im Vergleich zur Anreise vor elf Tagen fuhren wir tags drauf erneut über den Gotthardpass zurück und konnten dieses Mal die schneebedeckten Berge der Schweizer Alpen und den Blick ins Tal bewundern. Der Schnee auf der Passhöhe war den hohen Temperaturen der letzten Tage zum Opfer gefallen und so gab es anstelle von Nebel nur eine karge Landschaft zu sehen, in der Windräder unermüdlich ihre Arbeit verrichten.






































