Das Marais-Viertel im 3. und 4. Arrondissement von Paris war einst Adelssitz, später Zufluchtsort für Künstler und jüdische Gemeinden. Heute ist es ein Mix aus Historie, Mode, Galerien, kulinarischen Genüssen und unser Start in den Tag: Einer der für Paris so typischen riesigen Kreisverkehre an Place de la Bastille war der Ausgangspunkt. Der Name deutet bereits daraufhin, dass hier die Französische Revolution mit der Erstürmung der Bastille am 14. Juli 1789 ihren Anfang nahm. Vom ehemaligen Staatsgefängnis ist heute nichts mehr zu sehen, in der Mitte des Platzes ragt die monumentale Julisäule empor, die an die Revolution im Juli des Jahres 1830 erinnert.
Donnerstags und Sonntags findet hier der Marché Bastille, einer der größten Lebensmittelmärkte von Paris statt. Es gibt alles, was das Pariser Herz begehrt. Die Gemüse-, Fleisch- und Fischhändler buhlten um die Gunst der Besucher, während bei letzteren bereits zur Mittagszeit (bei den heißen Temperaturen +ber 30 Grad) Rinnsale von geschmolzenem Eis von den Ständen herabtropfte.



Im Viertel erreichten wir nach einem kurzen Café-Aufenthalt für den allmorgendlichen Espresso als erstes eher durch Zufall den Place des Vosges: Über den Hof des Hôtel de Sully, einem Stadtpalais im Stil Louis XIII., gingen wir durch die Häuserfront hindurch, erreichten auf der anderen Seite die ehemalige Orangerie und standen kurz danach auf der Place des Vosges, einem mit gleichförmigen roten Backsteingebäuden samt grauen Schieferdächern umstandenen Platz.
Unter den Arkaden laden kleine Galerien, Buchhandlungen und Cafés zum Bummeln ein. Im zentralen Park entspannte die überwiegende Besucherzahl unter den schattenspendenden Bäumen.
Ein Stück weiter kamen wir am Musée Picasso vorbei, das sich seit 1985 im Hôtel Salé befindet und in dem ca. 300 Werke des Künstlers, der von 1904 bis nach dem Zweiten Weltkrieg in Paris lebte, ausgestellt sind.
Von hier aus war es nicht weit bis zum Marché des Enfants Rouges, dem ältesten überdachten Markt von Paris. Über die Mittagszeit saßen die Besucher an kleinen Bistrotischen und ließen sich mit klassischer französischer Küche, italienischen, libanesischen, marokkanischen oder afrikanischen Speisen verwöhnen, – zu unserem Glück reichte schon ein frisch gepresster Saft aus.

Da “Chez Alain Miam Miam” im Netz als kleiner Geheimtipp gilt, ist es nicht verwunderlich, dass sich vor dem Laden, in dem sich Hungrige reich belegte Baguettes und Galettes zum Mitnehmen kaufen können, eine lange Warteschlange gebildet hatte.
Ein Highlight für Fans des “Thin White Duke” war die Ausstellung David Bowie. Mr Jones’ Long Hair in der Galerie MR8. Diese kleine Galerie zeigte intime Porträts David Bowies von führenden Fotografen wie Philippe Auliac, Michel Haddi, Markus Klinko oder Denis O’Regan, die seine Karriere dokumentiert haben. Einige Fotos wurden noch nie zuvor veröffentlicht, wir hatten uns zuvor schon Tickets besorgt.

Nach dem Besuch der Galerie reichte unser Appetit schon für einen Besuch der Crêperie/Austernbar Tycoz Statt Austern – die Chance, diese zu probieren, hatten wir bereits bei unserem Urlaub in der Bretagne ungenutzt verstreichen lassen – ließen wir uns auf dem schattigen Trottoir Galettes schmecken und genossen einen Cidre dazu. Die Bedienung, die alle Speisen und Getränke durch die Hitze über die Straße bringen musste, tat uns ein bisschen leid, was wir aber mit Trinkgeld versuchten gutzumachen.
Gestärkt setzten wir unseren Rundgang durch das Marais in der Rue des Rosiers fort, dem Herz des jüdischen Marais. Neben Falafel-Läden und kleinen Bäckereien mit Rugelach (eine Art süß gefüllte Kipferl) und Strudel haben sich hier auch mittlerweile stylische Modelabels niedergelassen.
Bei der nachmittäglichen Hitze brachen wir den Rundgang in der Nähe des Rathauses ab und wunderten uns über die Gruppe von Menschen, die von Polizisten nach allen Seiten abgesichert auf dem Platz neben der Kirche St Gervais St Protais standen. Wenn wir richtig recherchiert haben, wurde just an dem Tag der Jardin du 13 Novembre 2015 eröffnet, der den Opfern der Terroranschläge des 13. November 2015 gewidmet ist. Sechs Steine, in denen die Namen der 130 Opfer eingraviert sind, symbolisieren die sechs Orte, an denen die Anschläge stattfanden. Wir erinnern uns, dass wir an dem Tag auf Weltreise waren und fassungslos die Nachrichten aus Paris verfolgten.
Für 19:00 Uhr hatten wir Eintrittskarten für das Musée d’Orsay besorgt. Das Museum wird jährlich von über drei Millionen Menschen frequentiert und ist damit eines der meistbesuchten Museen der Stadt, untergebracht in der wunderschönen Kulisse des ehemaligen Bahnhofs Gare d’Orsay, die uns immer wieder zum Staunen bringt.
Insbesondere die Werke der Impressionisten, wie beispielsweise Pierre-Auguste Renoir, Claude Monet, Édouard Manet oder Edgar Degas und der Post-Impressionisten, zu denen Paul Cézanne, Paul Gauguin und Vincent van Gogh zählen, locken die Besucher an. Diese Werke hatten wir uns bereits beim letzten Besuch bewundert, so dass wir uns heute den immer wieder aufwendig gestalteten Sonderausstellungen des Museums widmen konnten.
Die erste Sonderausstellung L’art est dans la rue präsentierte anhand von 230 Werken den Aufstieg der Plakatwerbung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Plakate waren Ausdruck des technischen Fortschritts und der aufkommenden Konsumgesellschaft. Berühmte Künstler wie Jules Chéret, Eugène Grasset, Pierre Bonnard, Alphonse Mucha, Théophile Alexandre Steinlen, Henri de Toulouse-Lautrec und viele mehr wurden als Meister dieses Genres gefeiert.

Nachfolgend einige Fotos unseres Rundgangs durch die Ausstellung:






Für eine kleine Pause mussten wir ganz nach oben ins Museumscafé, bevor es weitergehen konnte.
Die zweite Ausstellung Le Peuple du Nord war dem norwegischen Künstler Christian Krohg gewidmet und die erste Retrospektive außerhalb von Skandinavien. In drei Abschnitte unterteilt wurden drei Themenkomplexe präsentiert: zum einen die ungewöhnlichen Bildausschnitte und dynamischen Körperhaltungen, die Krohg verwendete, um den Betrachter in die Szene hineinzuversetzen.
Zum anderen wurden die Lebensumstände der skandinavischen Bevölkerung thematisiert: die Arbeitswelt sowie die Armut und die Ungerechtigkeiten, denen Frauen ausgesetzt waren.


Im letzten Abschnitt der Ausstellung waren Arbeiten ausgestellt, in denen der Künstler Personen seines näheren Umfelds portraitierte.





Alex erinnerte sich an ein Gemälde von Christian Krogh, das wir vermutlich bei unserer Norwegen-Reise im Museum in Oslo gesehen hatten: Krohg zeigt die Zerbrechlichkeit der menschlichen Existenz durch dieses sterbende junge Mädchen, das wahrscheinlich Tuberkulose hat. Die Kargheit der Szene sorgt dafür, dass das Bild zeitlos bleibt.
Die Idee, nach dem Verlassen des Museums entlang der Seine bis zum Eiffelturm zu spazieren, entpuppte sich im Nachhinein als schlecht, aber zumindest der Start bescherte uns bei herrlich milden Abendtemperaturen und der langsam untergehenden Sonne wunderschöne Motive. Auf dem Weg zum Platz Trocadéro auf der dem Eiffelturm gegenüberliegenden Seineseite sahen wir unzählige Ausflugsschiffe, auf deren Decks sich Massen an Touristen den Sonnenuntergang anschauen wollten.
Die Entfernung vom Musée d’Orsay zum Eiffelturm beträgt etwa drei Kilometer, unsere Füße hätten sich nach dem langen Tag über etwas Entspannung sicher sehr gefreut.

Als wir den Eiffelturm erreicht hatten, war es bereits dunkel: massenweise Touristen posierten am Seineufer oder auf der Pont d’Iéna, der Brücke, die hinüber zum Marsfeld führt, um diesen besonderen Moment festzuhalten. Noch schlimmer war es auf der Aussichtsterrasse des Trocadéro, wo in dichtem Gedränge Handys in die Luft gehalten wurden, um auch aus der zehnten Reihe noch ein ungetrübtes Selfie mit dem Eiffelturm zu bekommen.
Wir ergriffen die Flucht, die Richtung war zunächst allerdings nicht klar, da der Handy-Empfang versagte und wir nicht genau wussten, wo sich die nächste Metro-Station befand. Zum Glück fanden wir die Station Trocadéro auch ohne Navigation und sind beim nächsten Mal hoffentlich schlauer, diesen Platz zur Hauptreisezeit in einer lauen Sommernacht nicht mehr aufzusuchen.
Eine weitere große Menschenansammlung steht uns voraussichtlich morgen Vormittag beim Besuch von Notre Dame bevor, doch zunächst einmal “Bonne nuit!”























