[Hinweis: Auf dieser Tour ist Jochen alleine unterwegs]
Nach einer Pause im letzten Jahr stand dieses Jahr wieder ein Wanderurlaub auf dem Programm. Nach längerer Überlegung und Vorbereitung entschied ich mich für das Berner Oberland mit dem markanten Bergpanorama von Eiger, Mönch und Jungfrau, südlich des Brienzer- und Thuner Sees gelegen. So schön die Gegend ist, so teuer sind Unterkünfte und Restaurants, aber das werde ich für die kommenden sechs Tage einfach ausblenden müssen. Während ich die ersten drei Tage alleine unterwegs sein werde, schließt sich am vierten Tag ein Freund an, um die folgenden Wandertouren gemeinsam in Angriff zu nehmen. Auf dem Rückweg nach Deutschland kann mich mein Freund mit seinem Auto mitnehmen, daher entschied ich mich bzgl. meiner Anreise in die Schweiz für die Deutsche und Schweizer Bundesbahn.
Nach der heutigen Fahrt muss ich meine Meinung über die Bahn komplett revidieren. Im Vorfeld war meine Sorge, dass der Zug ab Karlsruhe Hauptbahnhof nicht pünktlich abfahren und ich damit den Umstieg in Basel in Richtung Interlaken verpassen würde. Aber allen Unkenrufen zum Trotz war die Zug auf die Minute pünktlich, verlor unterwegs keine Zeit und der Umstieg in Basel funktionierte problemlos.

Meinen Zielort Interlaken, idyllisch zwischen Thunersee und Brienzersee gelegen, erreichte ich pünktlich kurz vor 11 Uhr am Vormittag.
Nach der entspannten Bahnfahrt war das Umsteigen in Interlaken ein kleiner Schock: Massen von asiatischen und amerikanischen Touristen standen mit mir am Gleis in Erwartung des Zugs, der sie in die Berge befördern sollte. Von Interlaken fährt die Berner-Oberland-Bahn nach Wilderswil – meinem Standort für die kommenden drei Tage – und von dort weiter in Richtung Lauterbrunnen und Grindelwald, um den schneebedeckten Bergen ganz nahe zu kommen.
Um die folgenden Ausführungen besser nachvollziehen zu können, hilft vielleicht die folgende Karte des Berner Oberlands:

Eisen-, Zahnrad- und Seilbahnen erschließen die Region für die Besucher
Gegen Mittag war mein Zimmer im Hotel Alpenblick noch nicht bezugsfertig, aber nach der Erledigung der Formalitäten zum Einchecken konnte ich mir die Wanderkleidung überstreifen und zu meiner ersten Tour Richtung Lauterbrunnen aufbrechen.
Am Bahnhof in Wilderswil herrschte großer Andrang – die meisten der Besucher, größtenteils in Reisegruppen organisiert, hatten jedoch eine Fahrt mit der historischen Zahnradbahn hinauf zur Schynige Platte gebucht, so dass am Bahnsteig nach Abfahrt der Zahnradbahn wieder Ruhe einkehrte. Die von Interlaken kommende Bahn Richtung Lauterbrunnen war allerdings proppenvoll, kein Wunder bei den Touristenmassen, die ich in Interlaken gesehen hatte.
Beim Ausstieg in Lauterbrunnen hatten die meisten Touristen das gleiche Ziel, und so herrschte in der riesigen Kabine der Seilbahn hinauf zur Grütschalp ordentliches Gedränge.

Während ich an der Bergstation die letzten Vorbereitungen für die Wanderung traf, setzten 99% der Reisenden ihre Fahrt mit der Bahn Richtung Mürren, einem 800m über der Talsohle des Lauterbrunnentals gelegenen Orts gegenüber von Eiger, Mönch und Jungfrau, fort. Ich konnte die Ruhe und den wunderschönen Ausblick mit akustischer Untermalung der Kuhglocken in der Nähe grasender Kühe genießen.


Der schmale, an der Bergstation der Grütschalpbahn startende Wanderweg kreuzte die Weide und verschwand ein Stück weiter im schattigen Tannenwald. Gemächlich ging es die folgenden drei Kilometer leicht ansteigend durch den Wald – so hätte es weitergehen können. Doch nach Überquerung einer kleinen Brücke über den Sousbach wartete ein steiler Anstieg in Serpentinen den Hang hinauf.


Neben den Steigungsprozenten forderte die dünne Luft auf über 1.700m Höhe häufigere und längere Pausen zum Durchschnaufen. Oben angekommen hieß es, sich von den Strapazen zu erholen, bevor der Weg entlang eines schmalen Bachlaufs erneut anstieg. Hinter einer kleinen Kuppe in atemberaubender Kulisse mit Blick auf Eiger, Mönch und Jungfrau kam dann das Zwischenziel am höchsten Punkt der Tour zum Vorschein: die Lobhornhütte.

Nach einer Stärkung auf der Hüttenterrasse, auf der interessanterweise alle anderen Gäste (die vermutlich eine Übernachtung in der Hütte gebucht hatten) Karten spielten, stand der kraftaufwendige Abstieg über steile Pfade hinunter nach Sulwald an. Dort angekommen wartete die zweite Seilbahn des heutigen Tages auf mich. Im Vergleich zur modernen und großräumigen Kabinenbahn an der Grütschalp befördert die beinahe nostalgische Luftseilbahn Isenfluh-Sulwald seit 1975 acht Personen (oder laut Internetseite eine Kuh) hinunter nach Isenfluh. Dort hieß es dann auf den Postbus warten, der das letzte Stück den Berg hinunter zum Bahnhof in Lauterbrunnen fuhr. Am Bahnhof in Lauterbrunnen standen unzählige Tagestouristen am Gleis und warteten auf die Rückfahrt Richtung Interlaken.
Zurück am Hotel in Wilderswil hatte ich Glück, noch einen Tisch im Restaurant des Hotels zu bekommen. Montag und Dienstag bietet man hier eine deutlich reduzierte Karte an, der sogenannte “Unspunnenspieß” (benannt nach der Burg Unspunnen oder dem Unspunnenfest aus dem Jahr 1805) – bestehend aus mit Speck ummantelten Rindfleischstücken, serviert mit einer sehr gehaltvollen und geschmackvollen Soße (beschrieben als “würzige Sauce der tausend Düfte”) – war durchaus geeignet, die heute bei der Wanderung verbrannten Kalorien zumindest wieder aufzufüllen.


Müde und erschöpft sank ich im Anschluss auf das weiche Bett und sammelte Kräfte für die morgen anstehende Wanderung.