Schwäbisch Hall (10.08.) – Würth x 2 + leckeres Mittagessen = perfekter Tag

Am nächsten Morgen verzichteten wir bewusst auf das Frühstück – schließlich erwartete uns bereits um 11:30 Uhr unser Mittagessen. Wie am Vortag schlenderten wir gemütlich entlang der malerischen Kocher zur Kunsthalle Würth, deren wunderschöne Aussichtsterrasse einen atemberaubenden Blick auf die historische Altstadt von Schwäbisch Hall bietet.

Blick von der Aussichtsterrasse vor der Kunsthalle Würth auf die Altstadt von Schwäbisch Hall auf der gegenüberliegenden Flussseite

Unter dem Titel Die dritte Dimension im Bild – Hologramme und optische Illusionen in der Sammlung Würth wurden Hologramme und andere verblüffende optische Täuschungen präsentiert. Matthias Lauk hatte diese beeindruckende, über 300 Hologramme umfassende Sammlung zusammengetragen, die Werke aller internationalen Holografie-Pioniere seit der Erfindung dieser Technik in den 1960er Jahren zeigt.

Noch gibt es in dem Foto lediglich ein Abbild des Fotografen zu entdecken, aber kein dreidimensionales Abbild


Neben den schimmernden Hologrammen begeisterten uns Kunstwerke von Victor Vasarely, Günther Uecker und Patrick Hughes. Letzterer machte Anfang der 1990er Jahre sich bewegende Bilder zu seinem unverwechselbaren Markenzeichen. Direkt von vorne betrachtet erscheinen seine Objekte zunächst wie eine schlichte bemalte Oberfläche mit perspektivischer Darstellung. Der wahre Clou erschließt sich erst, wenn man den Kopf leicht bewegt oder langsam an den Werken vorbeigeht – so entsteht eine faszinierende perspektivische Verschiebung, die die Bilder regelrecht zum Leben erweckt. Beispielhaft kann man die optische Illusion an einem Video zeigen, das sein Kunstwerk Around Venice aus dem Jahr 2022 zeigt.

Lucio Fontana war mit seinen Schnittbildern in der Ausstellung ebenso vertreten
Günther Uecker öffnete durch seine Nagelbilder die Leinwand in die Dritte Dimension
Patrick Hughes – Subjected Object (2004); Der Clou des Kunstwerks ist auf einem zweidimensionalen Foto nicht abzubilden
Weitere Bilder von Patrick Hughes, die sich durch den Winkel des Betrachtens verändern

Einige Etagen höher – auf der Dachterrasse des ehemaligen Sudhauses mit herrlichem Blick auf die Altstadt – hatten wir einen Tisch zum Mittagessen reserviert. In diesem mittlerweile denkmalgeschützten Gebäude wurde von 1903 bis 1987 Bier gebraut, bevor es aufwendig zu einem Ort für Veranstaltungen und kulinarischen Genuss umgebaut wurde. Seit 2004 beheimatet es sogar wieder eine eigene Brauerei. Eine lautstarke Familienfeier, die bei unserer Ankunft in den letzten Zügen war, endete glücklicherweise nach 20 Minuten, sodass wir anschließend in aller Ruhe unser Mittagessen genießen konnten.

Ein wunderschöner Platz für unser Mittagessen

Von Schwäbisch Hall führte uns der Weg nach Künzelsau, wo seit 2020 das von Stararchitekt David Chipperfield entworfene “Museum Würth 2” im Carmen Würth Forum in wechselnden Ausstellungen die Highlights der Sammlung Würth mit Werken des ausgehenden 19., 20. und 21. Jahrhunderts präsentiert.

Die aktuelle Ausstellung Emil Nolde – Welt und Heimat zeigte Gemälde Emil Noldes aus der Sammlung Würth sowie wertvolle Leihgaben der Nolde-Stiftung Seebüll.
Anlass der Ausstellung war der 90. Geburtstag von Reinhold Würth, der das bescheidene Schraubengeschäft seines Vaters zu einem Weltkonzern entwickelte. An einem Sommertag im Jahr 1972 entdeckte er Noldes Aquarell “Wolkenspiegelung in der Marsch” (ca. 1935) in einer Galerie am Luganer See. Eine Nacht musste er darüber schlafen, dann entschied er sich, das Gemälde zu kaufen und damit den Grundstein für eine Sammlung zu legen, die heute mehr als 20.000 Werke umfasst.

Emil und Reinhold
Das Gemälde, das die Sammelleidenschaft von Reinhold Würth entfachteein Nolde

Durch die Ausstellung führte uns Dr. Beate Elsen-Schwedler, die stellvertretende Direktorin des Museums Würth – und sie machte ihren Job hervorragend. So erfuhren wir viel Wissenswertes über den 1867 in Schleswig-Holstein geborenen Maler und seine künstlerische Laufbahn. Nolde gilt als einer der führenden Vertreter des Expressionismus in Deutschland.

Unter dem künstlerischen Aspekt ist Noldes unverwechselbarer Stil geprägt von einer außergewöhnlichen Intensität und Kraft der Farben, insbesondere von leuchtendem Gelb, Orange und Rot. Seine Bilder zeigen nordfriesische Landschaften, ausdrucksstarke Stillleben und eindringliche religiöse Motive. Besonders bekannt und geschätzt ist er für seine meisterhaften Aquarelle, die eine einzigartige Leuchtkraft besitzen.

Die Führung sparte auch neuere Forschungsergebnisse des 21. Jahrhunderts nicht aus, die das Bild relativieren, Emil Nolde sei vor allem ein Opfer der NS-Kunstpolitik gewesen. In Wirklichkeit war er Antisemit und Rassist – und bis 1945 auch glühender Anhänger des Nationalsozialismus.

Die Gemäldefolge “Harmonie der Gegensätze” von Emil Nolde ist einzigartig in seinem Œuvre: Der Künstler hat “Harmonie A”, “Harmonie der Gegensätze B” und “Harmonie C” im Jahr 1946 als Triptychon angelegt. Solche dreiteiligen Werke kennt man von Emil Nolde mit religiös bestimmten Themen. “Harmonie der Gegensätze” ist sein einziges mehrteiliges Werk mit weltlichem Inhalt, das im Todesjahr seiner Ehefrau Ada entstand.

Links: Emil Nolde – Harmonie A (1946); Mitte: Harmonie der Gegensätze B (1946); Rechts: Harmonie C (1946)

Nach einem Stück Kuchen und einer Erfrischung im Café Auszeit in Künzelsau traten wir den Nachhauseweg an – wir werden sicherlich bei einer passenden Gelegenheit wiederkommen.

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