Stockholm (Schweden) 30.03. – Zu Besuch bei Königs

Nach einem sehr gutem, ausgiebigem Frühstück und Aussicht auf gutes Wetter war der Plan für heute schnell gefasst: Um 13 Uhr wollten wir an einer Free Tour durch Stockholms Altstadt teilnehmen und zuvor das königliche Schloss besichtigen. Um einer Warteschlange am Ticketschalter aus dem Weg zu gehen, orderten wir die Eintrittskarten für das Schloss nach dem Frühstück noch schnell online und luden diese auf’s Smartphone.

Kurz vor 10 Uhr kamen wir am Schloss an und wurden aufgefordert, uns sofort in die Reihe der bereits warteten Touristen einzufinden, da um 10 Uhr die Wachablösung der Garde stattfand. Wirklich kein schöner Job, bei diesen Temperaturen regungslos herumzustehen und Touristenfotos mit unbeweglicher Miene zu ertragen – also: Augen auf bei der Berufswahl!

Während die Einen jetzt in die warme Stube dürfen, müssen die Anderen regungslos ihren Dienst verrichten

Nach der Wachablösung stürmten wir als Nachzügler einer asiatischen Reisegruppe in das Schloss und präsentierten stolz unser Online-Ticket. Leider erkannte das Lesegerät des Kontrolleurs unseren Barcode nicht (was wir auch schon mit den Flughafenbus-Tickets erlebt hatten), aber nach mehreren erfolglosen Versuchen wurde uns schließlich auch ohne positive Bestätigung des Scanners Einlass gewährt.

Das ursprüngliche Schloss wurde bei einer Brandkatastrophe 1697 fast vollständig zerstört. Erst 1754 konnte das im italienischen Stil erbaute neue Schloss bezogen werden. Über eine recht dunkles Treppenhaus gelangt man in den ersten Stock mit den Bernadotte Apartements, wo sich der Besucher in 14 Räumen von der  prunkvollen Ausstattung überzeugen kann und etwas über die Geschichte des schwedischen Königshauses erfährt. Die Dynastie Bernadotte stammt ursprünglich aus Südfankreich, mit Zustimmung Napoleons wurde Jean-Baptiste Bernadotte 1810 zum schwedischen Kronprinzen gewählt und nach dem Tod des kinderlosen Königs Karl XIII. wurde er 1818 schließlich schwedischer König.

Klotzen statt Kleckern

In diesem Jahr feiert das schwedische Königshaus das 200-jährige Thronjubiläum der Familie: Auf dem Thron sitzt seit 1973 Carl XVI. Gustaf, der seit 1976 mit der Deutschen Silvia Sommerlath verheiratet ist. Diesem Paar begegnet man beim Gang durch das Schloss immer wieder in Form von verschiedenen Porträts.

Trotz moderner Malerei eindeutig zu erkennen

Einen Stock höher liegen die königlichen Repräsentationsräume, wo heute noch große Bankette stattfinden. Auch hier wurde an der Inneneinrichtung nicht gespart.

Hier lässt es sich vorzüglich feiern – stellt sich nur die Frage, ob die Damen bei dem kostbaren Fußboden ihre Stöckelschuhe anbehalten dürfen

In den Sälen des Ritterordens ist unter anderem auch der Königliche Seraphinenorden (auch “Das blaue Band” genannt) zu sehen, der den höchsten Verdienstorden des Königreichs Schwedens darstellt.

DIe Collane, nicht als Halskette unter dem Hemd zu tragen

Wie es aussieht, wenn Carl XVI. Gustaf seine Orden alle auf einmal trägt, zeigt das nachfolgende Bild: Der Maler hatte bestimmt viel Mühe, die zahlreichen unterschiedlichen Orden exakt abzubilden. Zudem ist es ein Wunder, dass Carl Gustaf nicht vornüberfällt – vielleicht hatte man ihm auch Gegengewichte auf den Rücken gebunden.

Carl XVI. Gustaf – hoch dekoriert und sicher froh, wenn er die Orden alle wieder ablegen darf

Vor dem Stadtrundgang starteten wir den Versuch, uns die Deutsche Kirche Tyska kyrkan  anzuschauen. Da dort jedoch gerade Gottesdienst gehalten wurde, war leider keine Besichtigung möglich. Ist die eine Kirche geschlossen, gibt es immer eine andere Kirche, die man besuchen kann – also auf zur Großen Kirche oder St. Nikolai-Kirche Storkyrkan in der Nähe des Schlosses.

Die Große Kirche auf dem höchsten Punkt der Altstadt – direkt neben dem Königlichen Schloss

In der Großen Kirche wurden in der Vergangenheit die schwedischen Könige gekrönt, bis Gustav V. 1907 diese Tradition beendete. Seitdem finden königliche Hochzeiten dort statt: zum letzten Mal 1976, als Carl Gustaf seiner Silvia das Ja-Wort gab.
2010 heirateten hier auch Kronprinzessin Victoria und Daniel Westling.

Im Innern beeindrucken der aus Ebenholz geschnitzte Altar und die Skulpturengruppe des Heiligen Georg mit dem Drachen, die 1489 von dem Lübecker Künstler Bernt Notke fertiggestellt wurde.

Angemessen für eine königliche Hochzeit
Kurz darauf war der Drache tot

Um 13 Uhr begrüßte uns am Sergels torg unser Free Tours-Guide Zenid, um uns sowie etwa 40 andere Touristen für die kommenden 90 Minuten durch die Altstadt zu führen und jede Menge Geschichten über Schweden und Stockholm zu erzählen. Zenid, in Zagreb geboren und seit drei Jahren Gästeführer in Stockholm, war bestens auf den Besucheransturm eingestellt, mit Mikro und Lautsprecher war er auch in einiger Entfernung sehr gut zu verstehen.

Zenid rechts mit Sonnenbrille – geschützt vor der tiefstehenden Wintersonne

Zunächst lernten wir ein wenig Geschichte über die unterschiedlichen Stämme, die in Schweden lebten: Die Goten (die sich in “Göteborg” und “Gotland” verewigt haben) und die Svear (von denen sich “Schweden” ableitet) waren die bestimmenden Völker bei der Gründung des Staates unter Erik VIII. zwischen den Jahren 995 und 1060.

Auf dem Weg durch die Altstadt kamen wir unter anderem an der “kleinsten Skulptur Stockholms” Iron Boy vorbei:  ein kleiner Junge, der auf den Mond schaut. Wenn man der Figur über den Kopf streichelt und eine Münze hinterlegt, geht angeblich ein Wunsch in der Erfüllung. In Anbetracht des blank polierten Kopfes scheinen schon viele Besucher ihr Glück versucht zu haben.

Besser ausländische Währung hinterlegen, da einheimische Münzen schnell von Obdachlosen stibitzt werden

Auf dem Stortorget, auf dem wir gestern noch die historischen Giebelhäuser bewundert und ein nettes Café besucht hatten, hörten wir heute eine brutale Geschichte über die Auseinandersetzungen zwischen Dänen und Schweden.

Im 16. Jahrhundert sah es hier mit Sicherheit anders aus

Nachdem der dänische König  Christian II. im Jahr 1520 den schwedischen König Sten Sture besiegt hatte und durch Zusicherung einer Amnestie für die Stadtoberen die Übergabe der Stadt erreicht hatte, ließ er während der Krönungsfeierlichkeiten 82 Anhänger Stures wegen Ketzerei festnehmen und anschließend auf dem Platz hinrichten. Dieser Tag ist als Stockholmer Blutbad in die schwedische Geschichte eingegangen. Der Erfolg des dänischen Königs währte jedoch nicht lange: Drei Jahre später besiegte Gustav I. Wasa die Dänen und wurde 1523 zum schwedischen König gewählt.
Die Feindschaft zwischen Schweden und Dänen dauerte daraufhin Jahrunderte an. Heute spielt sich der Wettstreit der beiden Länder jedoch mehr beim Eishockey, Handball und vor allem beim Eurovision Song Contest ab.

Durch die schmalste Gasse Stockholms Mårten Trotzigs gränd, die an ihrer engsten Stelle gerade mal 90cm misst,  folgten wir Zenid zum Järntorget, einem Platz mit sehr schönen Cafés. Nach eineinhalb Stunden Spaziergang hatten wir uns eine heiße Schokolade und ein Stück Kuchen redlich verdient.

Wichtig, dass man vorher Diät gehalten hat
Järntorget

Auf Empfehlung von Alex’ Arbeitskollegin, die Stockholm vor zwei Wochen besucht hatte, spazierten wir über den Verkehrsknotenpunkt aka Riesenbaustelle Slussen zur Insel Södermalm und anschließend am Wasser entlang zum Fotomuseum Fotografiska. Zwei Besonderheiten weist das Museum schon vor dem Besuch der Ausstellungen auf: Während der Woche ist es bis 1 Uhr nachts geöffnet und Tickets können nur bargeldlos gekauft werden. Diese Erfahrung machten wir allerdings auch schon an anderen Stellen in Stockholm: Bargeld spielt in Schweden eher eine untergeordnete Rolle – fast alles wird per Kreditkarte oder der Handy-App Swish bezahlt.

Fotografiska – auch von außen ein Foto wert

In der ersten Ausstellung werden Fotos der deutschen Fotografin Ellen von Unwerth gezeigt. Auf den Fotos sind fast ausschließlich Frauen zu sehen, häufig Models, oftmals auch nur leicht bekleidet. So hat auch der männliche Besucher etwas davon, selbst wenn er sich nicht für Fotografie interessiert – ist ja schließlich Kunst.

Und los geht es – Erdgeschoss
Rechts unverkennbar Penelope Cruz – welcher Mann will da nicht zum Raucher werden?
Links mit Maske und ohne erkennbare Zahnlücke: Madonna
Endlich mal ein Mann: David und Kate

Im ersten Stock kann man sich die außergewöhnlichen Fotos von Christian Tagliavini anschauen, die der Welt eines Jules Verne entsprungen sein könnten oder Portraits aus der Renaissance nachempfunden sind – wirklich faszinierend.

“Außergewöhnlich” passt hier sehr gut
Ganz schön langer Hals
Die Kopfbedeckungen stammen übrigens aus dem 3D-Drucker

Zum Schluss werden in einer weiteren Ausstellung Fotos der südafrikanischen Fotografin Zanele Muholi präsentiert, die auf all ihren Portraits selbst posiert und mit ihren Werken zum einen Kritik am Umgang mit der schwarzen Bevölkung ihres Heimatlandes übt und zum anderen auf dringende Umweltprobleme aufmerksam macht.

Begrüße die dunkle Löwin

Nach den abgedunkelten Ausstellungsräumen erfreuten wir uns beim Verlassen des Museums erneut an dem herrlichen Sonnenschein. Dies wollten wir nutzen, um zum Abschluss des Tages einen Aussichtspunkt mit schönem Blick auf die Altstadt zu finden. Normalerweise ist das beim Katarinahissen – einem Fahrstuhl, der 38 Meter in die Höhe aufragt – möglich, allerdings werden in direkter Nachbarschaft umfangreiche Bauarbeiten durchgeführt und egal, welche Perspektive man wählt, man hat immer einen Baukran im Bild.

Unsere Stadt soll schöner werden – nicht nur am Slussen

Also spazierten wir noch ein Stück weiter zum Monteliusvägen, einem Fußweg am Nordufer, an dem sich schon weitere Touristen mit Kamera bewaffnet zum Fotoshooting eingefunden hatten. Von hier aus hat man einen tollen Ausblick hinüber zur Insel Kungsholmen mit dem Rathaus und der Altstadt Gamla Stan.

Was für ein Panorama!

Da so viel frische Luft hungrig macht, freuten wir uns schon auf unser Abendessen. Nach schwedischer Kost gestern stand heute Pizza auf dem Programm. Zurück in der City machten wir uns auf den Weg ins Restaurant 1889 – Fast fine Pizza – es dauerte einen Augenblick, bis wir herausgefunden hatten, dass die Bestellung an der Theke aufgegeben werden muss, doch danach ließen wir es uns schmecken.

1889 – Fast fine pizza
Buon appetito!

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