Semur-en-Auxois (Frankreich) 28.05. – Vézelay und Auxerre

Beim Frühstück an einem großen Tisch im Wohnzimmer unserer Gastgeber trafen wir heute auf die beiden anderen Übernachtungsgäste – ein Paar aus Argentinien, beide Chirurgen, die eine vierwöchige Rundreise durch Frankreich machen. Sie arbeiten beide das Jahr über hart, um die notwendigen finanziellen Reserven für eine solche Tour zurücklegen zu können.  Für das kommende Jahr haben sie eine vierwöchige Tour durch Deutschland geplant. Gar nicht so einfach, festzulegen, was man in vier Wochen in Deutschland gesehen haben muss. Wir haben die Mailadressen ausgetauscht und können eventuell mit ein paar Tipps bei der Vorbereitung behilflich sein.

Von Semur-en-Auxois aus erreicht man in knapp einer Stunde Autofahrt nach Osten die kleine Gemeinde Vézelay, wo auf einer Felsspitze bereits im Jahr 858 ein Kloster gegründet wurde. Der Ort entwickelte sich zu einem bedeutenden Pilgerzentrum: in der heutigen Basilika Sainte-Marie-Madeleine werden die Reliquien der heiligen Maria Magdalena verehrt und der Ort ist Ausgangspunkt für eine der Routen nach Santiago de Compostela. Außerdem wurden hier weitreichende politische Entscheidungen getroffen, Bernhard von Clairvaux rief hier im Jahr 1146 zum zweiten Kreuzzug auf und 1190 trafen sich hier unter anderem Richard Löwenherz und Philipp II. von Frankreich zu Beginn des dritten Kreuzzugs.

Jetzt aber genug der Geschichte – wenden wir uns unserem heutigen Besuch zu. Wir parkten am Eingang des Dorfes und spazierten immer bergauf in Richtung Kirche bis zum höchsten Punkt des Hügels.

O.K. – eigentlich ist das Bild auf dem Rückweg von der gleichen Straße bergab aufgenommen, aber ein bisschen Vorstellungsvermögen kann man bei unseren Lesern sicherlich voraussetzen
Gar nicht so viel los – hier sah es im Mittelalter sicherlich anders aus

Im Portal der Basilika findet sich eine Darstellung, die wir auf der Reise durchs Burgund noch öfter zu sehen bekommen werden: Christus als Weltenherrscher, der am Jüngsten Tag entscheidet, wer in den Himmel und wer in die Hölle kommt.

Auf der rechten Seite verschwinden die Ungläubigen bereits im Schlund der Hölle

Vor die eigentliche Kirche baute man im 12. Jahrhundert eine sogenannte Vorkirche, die auch dazu diente, den Pilgern eine nächtliche Schlafstätte zu bieten. Dahinter befindet sich der eigentliche Eingang zur Kirche – natürlich mit einem weiteren prunkvollen Portal und durch den Schutz der Vorkirche im ursprünglichen Zustand noch gut erhalten. Auf den ersten Blick ähnelt die Darstellung  der an der Außenfassade, doch hier wird das Pfingstwunder dargestellt – dem wir heute immer noch zwei Feiertage zu verdanken haben. Der Heilige Geist kommt in Form von Feuerzungen (hier in Lichtstrahlen dargestellt) auf die Jünger herab, befähigt sie, in ihnen bisher unbekannten Sprachen zu sprechen und so die Frohe Botschaft in die Welt zu tragen.

Portal der Vorkirche

Nach diesem Portal betritt man dann das Innere der Kirche, das – wie der Kunstexperte sofort an den Rundbögen erkennt – im romanischen Stil errichtet wurde.

Und wer noch genauer hinsieht, erkennt, dass der Chor bereits im gotischen Stil erbaut wurde

Neben den Portalen der Kirche sind die Kapitelle der Säulen sehr aufwendig und kunstfertig ausgestaltet. Die fast 1000 Jahre alten Darstellungen erschließen sich dem Betrachter heute nicht mehr ohne Weiteres. Eine davon wird besonders hervorgehoben: die mystische Mühle. Et voilà:

Hier die Bestandteile der mystischen Mühle: Moses, Mühle, Korn, Mehl, Apostel Paulus

Und weil sie so schön faszinierend gestaltet sind, hier noch ein paar weitere Kapitelle aus dem Inneren der Kirche.

In der Krypta der Kirche finden sich in einem prunkvollen Schrein die Reliquien der heiligen Maria Magdalena.

Reliquien der heiligen Maria Magdalena

Im Anschluss fuhren wir nach Bazoches, um uns dort das Schloss anzuschauen, mussten vor Ort jedoch feststellen, dass dort gerade Mittagspause war. Bis 14 Uhr wollten wir allerdings nicht warten, also disponierten wir um und machten uns kurzentschlossen auf den Weg nach Auxerre. Die Altstadt, die bis ans Ufer der Yonne reicht, lässt sich wunderschön von einer der Brücken aus betrachten: Man erkennt die drei großen Kirchen, die das Stadtbild prägen.

Von eine der Brücken über die Yonne hat man einen schönen Blick auf die Altstadt von Auxerre

Auch wenn die Stadt nur knapp über 30.000 Einwohner ausweist, ist sie deutschen Fußball-Fans doch ein Begriff, der Verein AJ Auxerre wurde 1996 mit dem Trainer Guy Roux, der die Mannschaft mit kleinen Unterbrechungen von 1961 – 2005 trainierte, französischer Meister. Wozu Fußballwissen doch alles gut sein kann.

Natürlich gibt es, wie auf dem Bild vom Ufer der Yonne schon gesehen, eine Kathedrale, dieses Mal im gotischen Stil und mit schönen Buntglasfenstern.

Kathedrale Saint-Étienne in Auxerre – mit nur einem Turm sieht sie von außen nicht so ganz fertig aus
Wunderschöne Fenster

Bevor der sich angekündigte Regen einsetzte, wollten wir noch den Uhrturm in der Altstadt sehen, an dem auch per Sonnenuhr die Uhrzeit angezeigt wird. Leider fing es ausgerechnet dort an zu regnen.

Altstadt von Auxerre mir Uhrturm im Hintergrund

In der Bar du Quai suchten wir Schutz unter Sonnenschirmen, die sich aber auch gut gegen den Regen eigneten, und machten uns nach einem Erfrischungsgetränk zurück nach Semur auf.

An der Abfahrt der Autobahn hielt uns der französische Zoll an und wollte das Auto untersuchen – was auch immer man mitten im Land schmuggeln kann. Nachdem wir uns in schlechtem Französisch eindeutig als Touristen ausgewiesen hatten, ließ man uns weiter fahren. Als Jochen später mit seiner Mutter telefonierte, schilderte sie ihm, dass bei Aktenzeichen XY vor falschen Polizisten auf Autobahnen gewarnt wurde. Entweder hatten wir Glück oder waren für die tatsächlichen Polizisten unverdächtig.

Da wir gegen Abend keinen allzu großen Hunger verspürten, gaben wir uns heute mit einer kleinen Pizza und einer Lasagne  im L’Entr’act in Semur zufrieden.

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