Beaune (Frankreich) 02.06. – Oh, mon (Hôtel) Dieu!

Für unser Frühstück waren wir heute Morgen zum ersten Mal in diesem Urlaub selbst verantwortlich und mit der Auswahl an Baguette, Käse, Lachs und Joghurt sehr zufrieden. Das Appartement hat sogar eine Nespresso-Maschine mit bereit liegenden Kapseln – was will man mehr?

Am Samstag ist in Beaune Markt und zwischen den französischen Stimmen haben wir heute viele Schweizer, Deutsche und Amerikaner herausgehört, die sich ebenso wie wir entlang der Marktstände geschoben haben. Ansonsten unterscheidet sich der Markt in Beaune nicht allzu sehr von dem in Dijon – vielleicht waren ja auch einige der Standbetreiber uns von Dijon aus nachgereist.

Buntes Markttreiben auch in Beaune
Le plus gros fromage?
Le plus gros nougat?

Im Anschluss warfen wir einen Blick in die Basilika Notre-Dame – im romanischen Stil in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts gebaut. Irgendwie hatte man wohl den Eindruck, dass noch was fehlt – so kam im 14. Jahrhundert noch eine dreischiffige Vorhalle nach dem Vorbild in Dijon dazu.

Vorhalle für alle

Im Chor der Kirche befinden sich fünf sehr gut erhaltene Wandteppiche mit Darstellungen aus dem Leben der Jungfrau Maria aus dem 16. Jahrhundert.

 

Und immer wieder beeindruckend sind die schönen Buntglasfester in den Kirchen. Gibt es heute eigentlich noch Handwerker, die diese Technik beherrschen?

Auf unserem weiteren Weg durch die Stadt entdeckte Alex ein Plakat am Gebäude des Marché aux vins mit dem Hinweis auf eine Ausstellung des Künstlers Paul Day. Jochen sagte der Name nichts, aber nach der Besichtigung sollte sich der Name eingeprägt haben. Paul Day fertigt aus Materialien wie Bronze oder Terracotta lebensgroße Skulpturen – unter anderem waren auch Charolais-Rinder zu sehen, da er seit seiner Hochzeit mit einer Französin in der Nähe von Dijon lebt.

Charolais-Rinder … ziemlich echt sehen sie aus, oder?

Besonders beeindruckend sind die Bild-Szenen in 3D:

 

Wir setzten unseren Spaziergang durch Beaune fort, kauften im Office de Tourisme eine kleine Weinflasche für unser Andenken-Regal zu Hause, gingen einen Teil des Wegs entlang der alten Stadtmauern der Stadt bis zur Porte St. Nicolas und letztendlich dem Rathaus der Stadt, wo gerade mehrere Hochzeiten im Gange waren.

Porte Saint Nicolas
Hotel de Ville

Während die einen noch auf die Trauung warteten, waren die anderen schon frisch vermählt und posierten für den Fotografen. Und damit kommen wir zu dem Kapitel “Modische Verfehlungen”, die uns beim Gang durch die Stadt aufgefallen sind: Die Schuhe des Bräutigams funkelten mit denen der Braut um die Wette – beim genaueren Hinsehen stellten sie sich als Nietenschuhe heraus – was tut man(n) nicht alles.

Soll das zum Trend werden?

Außerdem war uns – und sicher nicht nur uns – der Borat-Doppelgänger auf dem Fahrrad aufgefallen, der abweichend vom Original zum Glück noch eine kurze Hose unter seinem Mankini trug.

Wenn da mal nicht einer auffallen will

Nach dem obligatorischen Stopp in der Brasserie Le Carnot – ein Nutella-Crêpe musste dran glauben – waren wir bereit für das Highlight von Beaune, weswegen die Touristen diese Stadt besuchen, sofern sie nicht ausschließlich an Wein und Essen, sondern auch ein wenig an Kultur interessiert sind: das Hôtel-Dieu mit seinem für Burgund typischen farbigen Dach.

Innenhof

Bei dem Gebäude handelt es sich nicht um ein mittelalterliches Hotel, sondern ein ehemaliges Krankenhaus, das 1443 gegründet wurde und bis Anfang der 1970er Jahre Kranke versorgte. Im 15. Jahrhundert waren viele Einwohner von Burgund durch den 100jährigen Krieg verarmt und vom Hungertod bedroht. Die Aussicht, vor dem Jüngsten Gericht “Bonuspunkte vorweisen zu können” veranlasste Nicolas Rolin, den Kanzler des burgundischen Herzogs Philipp des Guten, zusammen mit seiner Frau Guigone ein Hospital für die Armen und Kranken zu gründen. Durch Schenkungen vermögender Einwohner von Beaune verbesserte sich die finanzielle Ausstattung des Hospitals immer weiter. Heute finanziert sich das Hospital, das heute an anderer Stelle in der Stadt weiterhin alte Menschen versorgt, über die Erträge der Weinberge.

Wir gelangten auf unserem Rundgang mit Audioguide über den Innenhof zunächst zum großen Krankensaal mit Kapelle.

Krankensaal mit originaler Holzdecke und rekonstruierten Krankenbetten
Figur im Tonnengewölbe

Danach besichtigten wir den prunkvoll ausgestatteten Saal „Saint Hugues“ für die begüterten Kranken, den Saal „Saint Nicolas”, der für die Versorgung der akut in Lebensgefahr schwebenden Patienten vorgesehen war, sowie eine Küche und eine Apotheke mit dem Wundermittel Theriaca.

Saal “Saint Hugues”
Apotheke …
… mit dem Allheilmittel schlechthin

Am Schluss des Rundgangs wartet zum Schutz abgedunkelt in einem Nebenraum noch ein Kunstwerk auf den Besucher, das in früherer Zeit in der Kapelle des Krankensaals stand: der Flügelaltar Das Jüngste Gericht des flämischen Malers Rogier van der Weyden, der als wichtigster Vertreter der Altniederländischen Malerei gilt.

Festtagsseite des Flügelaltars

Die Pracht des Hospitals ist auch heute noch beeindruckend, bedenkt man die heutigen finanziellen Probleme von Krankenhäusern. Für bedürftige Menschen war eine solche Einrichtung mit Sicherheit ein Segen.

Nachdem wir gestern bei der Wahl des Lokals für das Abendessen ein wenig danebenlagen, ging es heute wieder zum Italiener: Die Pizza im La Bufala war ausgezeichnet und der Mann am Backofen hätte auch Entertainer werden können, gelang es ihm doch, den ganzen Laden zu unterhalten. Als kleine Besonderheit erhielten alle Frauen ihre Pizza in Herzform – wenn das mal keine positiven Bewertungen auf tripadvisor bringt.

Da schlägt doch jedes Frauenherz höher

Das abschließende Gläschen Wein/Crémant/Orangina genehmigten wir uns heute ein wenig abseits der Touristenströme in einem sehr nett eingerichteten Weinlokal namens La Paranthèse, wo wir im kleinen Garten noch ein Plätzchen ergattern konnten. Ein wirklich großer Freund der burgundischen Weine werden wir sicher nicht mehr, aber der Lebensart können wir sehr viel abgewinnen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert