Beaune (Frankreich) 03.06. – Von der Stein- in die Neuzeit

Einen Ausflug in den Steinbruch macht man auch nicht jeden Tag – schon gar nicht, um sich Kunst anzuschauen. Alex hatte gestern Abend auf einem Flyer zufällig entdeckt, dass der Steinbruch La Karrière von Villars-Fontaine sonntags seine Pforten für Street Art-Interessierte öffnet. Bis vor zwei Jahren fand das jährliche Festival Street Art on the Roc noch im Dorf statt, bevor es in den nahegelegenen Steinbruch umzog.

Wir hatten großflächige Kunst schon auf unserer Weltreise, zuletzt aber auch in Krakau gesehen und waren gespannt, was uns hier erwarten würde. Eine nette ältere Dame begleitete uns und versorgte uns mit Hintergrundwissen zu den Künstlern und den Kunstwerken – sie bemühte sich, extra langsam und deutlich französisch zu sprechen, mithilfe des Google-Translators waren die wichtigsten Fakten dann auch problemlos zu verstehen.

Steinbruch La Karrière
Vinie Graffiti
Hopare
Bust the Drip und Astro
v.l.n.r.: Stoul, Bust the Drip, Osru und Astro

Überall auf dem Gelände verteilt waren auch Skulpturen von drei verschiedenen Künstlern zu sehen: Gipsabdrücke, die von Freiwilligen genommen wurden – mit der Bedingung, eine bestimmte Zeit regungslos zu verharren.

Ein typischer Burgunder

Mit einer kleinen Spende zur Unterstützung des Festivals verabschiedeten wir uns von dem Steinbruch in Villars-Fontaine und fuhren nach Autun: Die Stadt rund 50km westlich von Beaune gilt als Tor zum Morvan und wurde bereits von den Römern um 10 v. Chr. gegründet. Auch heute noch weist Autun Spuren der Besiedlung von vor rund 2000 Jahren auf: In der Nähe der Altstadt findet der Besucher ein römisches Amphitheater und auf einem Hügel eine Pyramide, die als Grabmal im 2. Jahrhundert nach Chr. entstand.

Amphitheater
Pyramide

Ansonsten wirkte die Stadt am Sonntag Nachmittag ein wenig ausgestorben: Auf dem schönen Platz vor der Kathedrale Saint-Lazare verirrten sich ein paar Besucher in den drei Restaurants – wir gehörten dazu und stärkten uns erst mal mit einem äußerst schmackhaften Crêpe.

Das Westportal der Kathedrale von Autun kam uns bekannt vor – eine ähnliche Darstellung hatten wir bereits in Vézelay gesehen. Man kann den Menschen ja nicht oft genug aufzeigen, dass am Ende des irdischen Lebens Christus als Weltenrichter auf einen wartet und darüber entscheidet, ob das Paradies oder die Hölle warten. Das Werk hier stammt von Gislebertus, einem der bekanntesten Bildhauer in Burgund.

Kathedrale von Autun
Westportal
Wahnsinn, warum schickst Du mich in die Hölle – Hölle, Hölle, Hölle

Das Tympanon – der Giebel des Westportals – war so gut erhalten als wären die Steinmetzarbeiten erst letzte Woche abgeschlossen worden. Kein Wunder, wird die Kathedrale doch aktuell eine grundlegenden Sanierung unterzogen und im Innern sind keine weiteren Kostbarkeiten zu bewundern, sondern nur Baugerüste zu sehen.

Auf dem weiteren Rundgang entdeckten wir den Ursulinenturm, einen ehemaligen Bergfried der Burg Riveau, der mit einer drei Meter hohen Marienfigur versehen ist und heute als franko-japanisches Kulturzentrum dient.

Ursulinenturm

Das Schönheitsempfinden der Franzosen weicht ab und an von unserem etwas ab, beispielsweise was den Schnitt von Bäumen anbelangt. Hier wurde sicher die sehr strenge Gartengestaltung der Barockgärten zum Vorbild genommen, die auch in den Anlagen des Schloss Versailles zu finden sind: Das Ergebnis sind quadratische Bäume.

Schnipp schnapp, das Laub muss ab

Da bis zum Abendessen noch ein wenig Zeit war, beschlossen wir, noch ein wenig durch die Gartenanlagen des nordöstlich von Autun gelegenen Château de Sully zu spazieren.

Auf dem Weg nach Sully kamen wir mussten wir einen Fotostopp einlegen: eine Herde neugieriger Charolais-Rinder standen ganz nah an der Strasse. Die Rinder haben so viel zu fressen, dass sie sich mit unserem ausgerupften hingehaltenen Gras nicht anlocken lassen. Aber was hat dieser Fremde mit der Kamera in der Hand wohl vor?

Gespräch unter Charolais-Rindern: “Geh’ Du doch vor.” “Trau’ mich aber nicht.” “Feigling!”
“Was will der denn von uns?” “Ist das vielleicht der Metzger?” “Wenn ja – alle auf ihn mit Gebrüll!”

Hier noch ein paar Eindrücke von den Gartenanlagen des Château de Sully – allein wegen der schönen Spiegelungen im Wasser hätten wir uns vorstellen können, dort zu wohnen. Ein schöner Garten wäre auch dabei, fehlen eigentlich nur die vielen Angestellten, die den Laden in Schuss halten müssten. Leider nur ein Traum!

Dunkle Wolken ziehen über dem Schloss von Sully auf
Spieglein, Spieglein

Hat sicher länger gedauert, bis die Schnecke es bis in die Blüte geschafft hat

Zurück in Beaune aßen wir im nahegelegenen Le Carnot zu Abend, ein länger anhaltender Regenschauer verwies uns auf Plätze im Innern – geschmeckt hat es trotzdem.

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