Carouge (Schweiz) 04.06. – Senf aus Beaune, Tournus und Kloster Brou

Das Burgund ist nicht nur für seinen Wein und Cassis bekannt, sondern auch für Senf: Schon in Dijon hatten wir einen Laden des Herstellers Maille gesehen – mittlerweile ein Tochterunternehmen von Unilever. Beaune ist der Sitz des Unternehmens Moutarderie Fallot, die letzte unabhängige Senfmühle im Burgund, die vor Ort ihre Produktion betreibt und damit ungefähr 2% des französischen Senfs produziert.

La Moutarderie Edmont Fallot

Bei unserer Führung durch die Geschichte des Senfs erklärte man uns nicht nur, wie man Senf herstellt, sondern wir durften auch selbst Hand anlegen. Die Zutaten bestehen lediglich aus braunen Senfkörnern, Essig (beziehungsweise Traubenmost und Weißwein) und Salz. Am Schluss können je nach Geschmack weitere Zutaten wie Cassis, Estragon, Dill und vieles mehr untergemischt werden.

Es ist angerichtet – die Produktion kann losgehen

Zuerst ging es daran, die Senfkörner im Mörser zu zerstoßen, anschließend Essig und Salz dazuzugeben – fertig war unser selbst produzierter Senf. Er hatte bereits eine pikante Note (und beinhaltete etwas Salz zu viel), war aber noch bitter. Diese Bitterstoffe verliert er erst durch eine vierundzwanzigstündige Lagerung, bei der auch die Schärfe des Senfs weiter zunimmt.

Nach diversen Filmbeiträgen zur Senfproduktion im Obergeschoss war es an der Zeit, das Endprodukt zu verkosten – endlich gab es auch ein Stück “Jambon persillé”, den wir schon auf Speisekarten gesehen haben: Kochschinken mit einer Schicht Petersilie in Aspik. Wer’s mag – wir nicht.

Jambon persillé – hinten links

Wir waren vorgewarnt worden, doch der Senf mit Estragon trieb uns Tränen in die Augen – ganz ohne Schärfe wäre es aber auch kein Senf. Anders als in Deutschland mischt man in Frankreich alles Mögliche in den Senf hinein: Stapelt man die Gläser nebeneinander, ergibt sich eine schöne Farbpalette.

Alles so schön bunt hier

Auf unserem Weg nach Genf, der von Beaune aus ungefähr 2h 15 min Fahrtzeit beträgt, legten wir noch zwei Zwischenstopps ein: da das Schloss Cormatin zwischen 12 Uhr und 14 Uhr geschlossen war und wir nicht so lange warten wollten, hielten wir zunächst in Tournus – eine Empfehlung aus dem Reiseführer. Die Stadt erstreckt sich am Ufer der Saône zwischen den Kirchen St. Madeleine im Süden und dem ältesten romanischen Großbau Frankreichs, der Abteikirche St. Philibert im Norden. Montag um die Mittagszeit war in Tournus nicht viel los, wir fanden in der Nähe von St. Philibert das Café La Maison de Marion, wo wir uns zunächst auf ein Getränk niederließen, um wenig später die Kirche  zu besichtigen.

St. Philibert
Vorkirche

Neben der Kirche war im ehemaligen Refektorium der Mönche eine kleine Ausstellung lokaler Künstler – mit mehr oder weniger Talent – zu sehen. Die Galerie schien nicht gerade ein Besuchermagnet zu sein: wir als einzige Gäste haben jedenfalls unser Bestes gegeben.

Ein schöner Rahmen für eine Ausstellung
Ein Werk von Jean-Francois Louis

Eigentlich reicht ja eine Kirche pro Tag, aber heute stand beim zweiten Zwischenstopp eine weitere auf dem Programm: Das königliche Kloster Brou samt Abteikirche ist die Haupt-Attraktion von Bourg-en-Bresse und liegt bereits in der Region Auvergne-Rhône-Alpes. Der Grund für den Ausbau des ursprünglich deutlich kleineren Klosters zu einer großen Abtei ist der Tod von Philibert II. von Savoyen: “Philibert der Schöne”, wie er auch genannt wurde, starb im Jahr 1504 an den Folgen eines Jagdunfalls. Seine Frau Margarethe von Österreich ließ daraufhin das Kloster in seiner heutigen Form als Grablege errichten.

Abteikirche des Klosters Brou

Schon seit dem Jahr 2000 sind umfangreiche Restaurierungsarbeiten an der Klosteranlage im Gange, die noch lange nicht abgeschlossen sind. Im Inneren der Kirche, die im hinteren Teil eher schlicht gehalten ist, beeindruckt zunächst der fein gearbeitete Lettner. Dieser gibt schon einen Vorgeschmack darauf, was den Besucher dahinter erwartet.

Der Besucher darf gespannt sein was ihn hinter dem Lettner erwartet

In der Mitte des Chors steht das Grabmal für Philibert II., daneben zu seiner Linken seine Ehefrau Margarethe von Österreich, rechts seine Mutter Marguerite de Bourbon.

Blick vom Lettner in den Chor der Kirche

Wie verschmutzt ein Grabmal nach Jahrhunderten aussehen kann, wieviel Arbeit es bedeutet, es zu reinigen und wie prunkvoll es hinterher aussehen kann, konnten wir an dem Grabmal von Margarethe von Österreich beobachten, an dem vier Konservatorinnen mit Dampfreiniger, Lappen, Wattestäbchen und sonstigen Utensilien versuchten, den weißen Marmor wieder in seinen ursprünglichen Zustand zu versetzen. Die Reinigung von Bad und Küche zu Hause ist dagegen ein Kinderspiel – allerdings sammelt sich dort ja auch nicht der Dreck von mehreren Jahrhunderten an.

Interessant ist, dass bei den von Conrad Meit geschaffenen Grabmälern von Philibert und Margarethe im unteren Teil der jeweilige Leichnam in jungen Jahren, nackt im Leichentuch verewigt ist, während im oberen Teil die Liegefiguren in reifem Alter und Festkleidung dargestellt werden. Philibert in fortgeschrittenem Alter wird mit Prunkharnisch, Hermelin und allen Insignien der herzoglichen Würde gezeigt.

Im Vordergrund Margarethe, im Hintergrund ihr Ehemann Philiber
Details des von Dürer inspirierten “Fenster der Himmelfahrt”

DIe Klosteranlage ist riesig: es wurden drei Kreuzgänge errichtet, um die einzelnen Gebäude miteinander zu verbinden. Entsprechend viel Platz bietet sich auch heute: unter anderem für ein Museum mit Portraits der Herrscherfamilie von Savoyen, die für den Klosterbau verantwortlich ist, sowie der aktuellen Ausstellung “Primitifs flamands. Trésors de Marguerite d’Autriche“.

Am späten Nachmittag fuhren wir weiter Richtung Genf: In der deutlich gebirgiger werdenden Region begann es nun zu regnen, was sich bis zum nächsten Morgen nicht ändern sollte. In unserer nächsten Unterkunft im Genfer Vorort Carouge –  das vor drei Monaten neu eröffnete Ibis Styles –  gestaltete sich der Check-In ungewöhnlich: eine Rezeption ist nicht mehr vorhanden, die Angestellten sind als solche nicht zu erkennen und der gesamte Check-in-Vorgang wird auf dem Handy eines Hotel-Mitarbeiters durchgeführt. Weiteres Kuriosum: Die einzelnen Etagen sind jeweils einem Genfer Comic-Zeichner gewidmet – wir entschieden uns für die zweite Etage und den Künstler Tirabosco.

Da lässt es sich hübsch träumen

An die Preise in der Schweiz werden wir uns wohl nicht gewöhnen: Genf sticht dabei vielleicht noch ein bisschen heraus, ist sie doch momentan die zweitteuerste Stadt der Welt – hinter Zürich. Zu spüren bekamen wir das zum ersten Mal bei den Hotelpreisen.

Das nächste Mal ungläubig gekuckt haben wir beim Besuch des indischen Restaurants Little India, das wir heute für unser Abendessen ausgewählt hatten: Chicken Biryani für 29 CHF ist schon ein stolzer Preis. Zum Glück kommen wir gerade aus dem Burgund, wo es auch nicht viel günstiger war.  Aber beschweren wir uns nicht, das Essen hat uns sehr gut geschmeckt – und wir sind schließlich im Urlaub.

Sehr gutes indisches Essen in Genf hat halt seinen Preis

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