Kaum zu glauben, aber Calgary, mit über 1 Mio. Einwohnern größte Stadt in Alberta, gab es vor 125 Jahren noch gar nicht: 1883 wurde die kleine Siedlung ans Eisenbahnnetz angebunden und Siedler von der Ostküste, die Land geschenkt bekamen und überwiegend Ackerbau und Viehzucht betrieben, ließen die Einwohnerzahl schnell ansteigen. Als im 20. Jahrhundert Ölvorkommen entdeckt wurden, wandelte sich Calgary von einer landwirtschaftlich geprägten Stadt hin zu einer Wirtschaftsmetropole. Heute ist die Stadt Sitz der kanadischen Ölindustrie und Finanzwirtschaft.
Bei der Besichtigung von Downtown Calgary fällt dem Besucher schnell eine Besonderheit auf: Um schneller von Gebäude zu Gebäude wechseln zu können, hat man überdachte Übergänge zwischen den Häusern geschaffen – überall sind Hinweisschilder für den Zugang zum sogenannten +15 Skywalk zu sehen.
Wir schlenderten zunächst allerdings entlang der Stephen Avenue, wo wir mitten in die Parade der karibischen Bevölkerung, dem sogenannten Carifest, gerieten: Fröhlich, bunt, ausgelassen und mit Unterstützung von DJ’s und riesigen Boxen tanzten die Gruppen aus Haiti, Trinidad, Jamaika und weiteren Inselstaaten der Karibik durch die Straßen.
Hier in Downtown Calgary liegt das Herz der Stadt: Kleine Cafés und Restaurants laden zum Bummeln ein. Die Häuser direkt an der Stephen Avenue stammen noch von Anfang des 20. Jahrhunderts, als die ersten Ölfunde die Stadt schnell anwachsen ließen. Hinter den historischen Häuserreihen schrauben sich moderne Hochhäuser in die Luft.
Im Einkaufszentrum The Core hat man sogar die Natur nach drinnen geholt: Im 4. Stock des Shopping-Tempels laden die Devonian Gardens zum Verweilen ein, bevor man sich erneut dem Geld ausgeben widmen kann.
Am Ende der Stephen Avenue erreicht man die Olympic Plaza: Hier versammelten sich 1988 Athleten und Besucher aus aller Welt, um allabendlich die Olympiasieger der Winterspiele in Calgary zu feiern.
Jochen entdeckte auf den Tafeln mit den Medaillengewinnern von damals etliche bekannte Namen: Alberto Tomba (Italien, Gold im Slalom und Riesenslalom), Pirmin Zurbriggen (Schweiz, Gold in der Abfahrt), Peter Angerer und Fritz Fischer (Deutschland, Silber in der Biathlon-Staffel) und viele mehr. Heute fand auf der Plaza eine Veranstaltung zur Geschichte des Islam statt.
Das historische Rathaus der Stadt direkt hinter der Olympic Plaza war leider wegen Renovierung komplett eingerüstet, so dass man nur über die bedruckten Planen einen Eindruck von der Gestalt bekam.
Nächstes Ziel auf unserem Besichtigungsprogramm war ein Aussichtspunkt im McHugh Bluff Park, zuvor hatten wir uns jedoch noch eine kleine Erfrischung im Barley Mill Pub verdient.
Der Weg durch den Park führte über eine kleine Insel im Bow River, bevor wir einige steile Treppenstufen hinauf zur Aussichtsplattform erklimmen mussten.
Touristen wie wir wollten am Ende der Treppe ein Foto der Skyline machen, einige Einheimische nutzten die Stufen jedoch als willkommene Abwechslung im Rahmen ihres Fitnessprogramms.
Der herrliche Ausblick wurde heute ein wenig durch Dunst getrübt: Nicht etwa Wasserdampf vernebelte die Sicht, sondern Rauchschwaden der heftigen Waldbrände in den nahegelegenen Rocky Mountains. Ein wenig erinnerte uns die Szenerie an unseren Singapur-Aufenthalt im Rahmen unserer Weltreise, wo das Brandroden von Regenwald auf Sumatra die Luft in der Stadt verschmutzte. Wir sind gespannt, ob wir auf unserer Kanada-Reise noch blauen Himmel zu sehen bekommen.
Auf dem Rückweg beobachteten wir im Prince’s Island Park das Fotoshooting einer Hochzeitsgesellschaft: Der Fotograf hatte alle Hände voll zu tun, die Gäste in die richtige Formation und geeignete Posen zu bringen.
Vor dem Abendessen wollten wir noch zum Calgary Tower: Das Wahrzeichen der Stadt feierte in diesem Jahr seinen 50. Geburtstag. Bei der Fertigstellung des 190,8 m hohen Turms 1968 war der Tower das höchste Bauwerk weit und breit. Diesen Titel hat er mittlerweile eingebüßt, nichtsdestotrotz hat man von der Besucherplattform einen schönen Blick auf Calgary und das Umland – bei klarem Wetter kann man wohl auch bis zu den Rocky Mountains sehen.
Für Menschen ohne Höhenangst – Alex gehört im Gegensatz zu Jochen dazu – hat man 2005 einen Teil der Aussichtsplattform mit Glasfußboden versehen. Auch wenn der Kopf sagt, dass das Glas hält, ist es ein mulmiges Gefühl, die Fläche zu betreten.
Zum Glück hat der Tower wie viele andere Einrichtungen auch kostenloses WLAN – so konnten wir uns bereits von oben unser Restaurant fürs Abendessen aussuchen. Heute stand uns der Sinn nach thailändischer Küche, und siehe da, ganz in der Nähe des Towers fanden wir im Rose Garden sogar einen Platz mit Blick auf die Stephen Avenue.
Wir genossen das Essen und spazierten anschließend mit schönen Eindrücken im Gepäck und auf der Speicherkarte des Fotoapparats zurück ins Hotel.