Die Abfahrt für den heutigen Ausflug nach Norden war gar nicht so einfach, blockierten doch zwei grasende Kühe die schmale Zufahrt zu unserem Haus und ließen sich auch durch Hupen nicht in ihrer Mittagsruhe stören. Erst nachdem wir uns mit dem Auto auf 20 Zentimeter genähert hatten, zogen es die beiden vor, sich langsam und gemächlich am Wagen vorbei zu schieben und den Weg freizugeben.
Die Balagne im Nordwesten Korsikas wird auch der Garten Korsikas genannt. Die fruchtbaren Böden waren allerdings nicht der Grund, die Region zu besuchen – uns hatte es eher die schöne Küste mit den beiden sehenswerten Städten Calvi und L’Île Rousse angetan. Leider war es wie gestern ein wenig diesig, zudem kam heute noch heftiger Wind dazu – sichere Zeichen, dass gerade Hoch- und Tiefdruckgebiete miteinander um die Vorherrschaft ringen.
Die Nationalstraße T30 führt von Ponte Leccia nach Calvi, in knapp 30 Minuten erreichten wir zum ersten Mal das Meer – Zeit für einen Fotostopp.
Erstes Ziel an der Küste war der westlichste Punkt der heutigen Tour – Calvi. Hauptsehenswürdigkeit und Wahrzeichen der Stadt ist die auf einem Felsen über der Stadt thronende Zitadelle – eine Verteidungsanlage aus der Zeit der genuesischen Herrschaft auf Korsika. Eher aus heutiger Zeit stammt der riesige Parkplatz am Fuß der Zitadelle auf dem Platz Christophe Colomb. Die Stadt reklamiert für sich, dass der Entdecker Amerikas ein Bürger ihrer Stadt sei. Die Geschichtsbücher besagen zwar, dass er in Genua geboren ist, aber schließlich lag Korsika zur damaligen Zeit im genuesischen Hoheitsgebiet.
Solle Kolumbus tatsächlich hier geboren sein, hat er vielleicht noch den herrlichen Blick von der Zitadelle genossen, die Ende des 15. Jahrhunderts fertiggestellt wurde.
Im Zentrum der Zitadelle steht die Kathedrale Saint-Jean-Baptiste, mehrfach zerstört und wieder aufgebaut mit einem schönen Marmoraltar im Innern.
Gleich vor der Tür der Kathedrale fanden wir eine Eisdiele und konnten der Versuchung trotz 2,50 EUR/Kugel nicht widerstehen – Pistazie für Jochen und Feige für Alex schmeckten hervorragend.
Zurück am Fuß der Zitadelle führt ein kurzer Fußweg durch eine schmale Altstadtgasse mit allerlei Restaurants und Souvenirläden zum Yachthafen.
Schaut man sich die Anzahl der Motorboote an, könnte man auf den Gedanken kommen, dass jeder Einwohner von Calvi im Besitz eines Bootes ist. Wir relaxten ein wenig im Café L’amphi an der Hafenpromenade bei Crêpe und Galette.
Knapp eine halbe Stunde Fahrt östlich von Calvi liegt der zweite bedeutende Ort der Balagne – L’Île-Rousse. Wer des Französischen mächtig ist, kann aus dem Namen das bereits von Weitem erkennbare Wahrzeichen der Stadt ableiten – eine kleine Insel vor der Küste, die mittlerweile mittels Damm zu einer Halbinsel umgestaltet wurde und deren ockerfarbener Felsen sich im Sonnenuntergang rot färbt – wenn es denn einen blutroten Sonnenuntergang gibt, heute war dieser wegen der Wolken über dem Horizont nicht zu erwarten.
Auf der Insel steht ein alter Genueserturm und auf der Spitze thront der Leuchtturm Piétra, zu dem ein kurzer Fußweg führt. Von dort hat man einen schönen Blick zurück auf die Küste und die Stadt, während schreiende Möwen ihre Bahnen über den Köpfen der Touristen und entlang der schroffen Felsen ziehen.
Gegen 19 Uhr war es auch schon wieder Zeit für’s Abendessen. Wir verließen uns heute auf eine Empfehlung aus dem Reiseführer und fuhren zum Alten Bahnhof von Bodri, der in der Zwischenzeit in das Restaurant La vielle gare umfunktioniert wurde. Auf der Terrasse genossen wir den Blick aufs entfernte Meer und unsere Pizza.
Nach Sonnenuntergang kamen wir wieder in Moltifao an, zum Glück waren es nur die sieben Fahrbahnschwellen durch das Dorf, die unsere Ankunft ein wenig verzögerten, keine wegelagernden Kühe.