Moltifao (Korsika) 12.06. – Rund um Cap Corse

Die Gestaltung des Frühstücks kann für einzelne Bewohner der Insel sehr unterschiedlich aussehen. Während dem Einen das Wasser im Mund zusammenläuft, wenn er an frisches Baguette denkt, steht der Andere mehr auf die Hinterlassenschaften der überall grasenden Kühe – nur ganz frisch müssen diese sein. Auf der Rückfahrt von Ponte Leccia kugelte heute etwas über die Straße, was sich bei genauerem Hinsehen als Dungkugel entpuppte, die ein Mistkäfer im Rückwärtsgang über die Straße bugsierte. Dann mal Bon Appetit!

Hier kommt Kurt

Nach einem entspannten Tag gestern stand heute die Rundfahrt um die Halbinsel Cap Corse auf dem Programm. Um schöne Fotos machen zu können, entschieden wir uns, von Bastia aus gegen den Uhrzeigensinn zu fahren, bis Saint-Florent beträgt die Gesamtstrecke ca. 100 km.
Insgesamt waren wir heute mehr als 240 km unterwegs und das auf Straßen, die nicht gerade Autobahnen ähneln – aber dazu später.

Nachdem wir uns durch den Verkehr in und um Bastia gequält und vorsorglich unsere Bezinreserven aufgefüllt hatten, wurde die Fahrt schnell entspannter, der Verkehr ließ merklich nach. Cap Corse wird in Reiseberichten als Korsika in Miniaturformat beschrieben. Dazu gehören eine flache Ostkürste, eine schroffe Westküste, kleine Hafenstädtchen, Bergdörfer, die sich an die Berghänge klammern, Macchie als Gebüschformation und nicht zuletzt das teilweise türkisfarbene Meer – ein Anblick, bei dem – strahlender Sonnenschein vorausgesetzt – sofort Urlaubsstimmung aufkommt.

Auf dem sanfteren Teil der Halbinsel auf der Ostseite reihen sich kleine Orte an der Küste entlang, die im Namen überwiegend den Zusatz Marine de tragen – z.B. Marine de Sisco oder Marine de Pietracorbara. Einige Dörfer befinden sich an den Berghängen im Landesinnern, vom Tourist bei seiner Rundfahrt jedoch kaum wahrgenommen und deren jüngere Bewohner ihr Zuhause oft bereits gegen eine Stadtwohnung in Bastia oder auf dem französichen Festland getauscht haben.

Unser erster Stopp war in Erbalunga, einem kleinen Dorf mit schönem Hafen, den man aber erst wahrnimmt, wenn man sein Auto an der Durchgangsstraße parkt und sich zu Fuß zur Erkundung der Stadt aufmacht, was sehr wohl ein lohnendes Ziel ist.

Blick auf Erbalunga
Erbalungas Schokoladenseite
Der Hafen von Erbalunga

In einem Café mit Blick auf den Hafen genossen wir die vormittagliche Ruhe, bevor wir weiter Richtung Norden aufbrachen – zwischendurch immer wieder mit einem schönen Blick auf die Küste. Auch der ein oder andere Genueserturm durfte natürlich nicht fehlen.

Ein Genueserturm, ja sowas!

Der nördlichste Ort an der Ostküste Macinaggio ist bekannt als Segel- und Yachthafen, von hier aus windet sich die Straße die Berge hinauf, hinüber zur Westküste. Ein paar nette Cafés und Restaurants reihen sich entlang des Hafens, wir nahmen auf einen Drink im U Scalu Platz.

Macinaggios Hafen
Macinaggio von oben

Kurz vor der Passhöhe am Col de la Serra stand neben der Straße eine Ziegenherde, die dabei war, die noch jungfräuliche Wiese abzugrasen. Besonders gewiefte oder auch gefräßige Exemplare gaben sich jedoch nicht mit dem Gras zufrieden und machten sich akrobatisch auf den Hinterbeinen daran, die tieferhängenden Triebe der Bäume abzufressen.

Zu welchem Friseur gehst Du?
Blöder Bock!
Gleich hab ich’s!

Auf dem Pass mit 365 m Höhe stehen die Überreste alter Windmühlen, die noch aus dem 19. Jahrhundert stammen. Die Korsen haben die Mühlen bereits vor langer Zeit aufgegeben – auch hier haben zottelige und gefräßige Ziegen die Herrschaft übernommen.

Ziegen, die von Mühlen auf Touristen starren

Von der Passhöhe ging es steil bergab in das kleine Fischerdörfchen Port de Centuri, in dem sich bunte Häuschen mit Restaurants und Cafés rund um das kleine Hafenbecken gruppieren.

Blick auf Port de Centuri
Der Hafen von Port de Centuri

Für uns war es Zeit für eine kleine Stärkung, in Frankreich bietet sich hierzu eine Crêperie an. Wer kann schon widerstehen, wenn auf der Karte des Restaurants Snack Chez Sandrine ein “mit Nutella gefüllter Crêpe dekoriert mit frischen Erdbeeren bzw. einer Kugel Kokosnusseis” steht? Wir auf alle Fälle nicht. Zum Leidwesen der Inhaberin bzw. ihren Töchtern waren wir die einzigen Gäste – zum Glück gibt es Smartphones, mit denen man sich in der Zwischenzeit die Langeweile vertreiben kann.

Nur Vitamine versteht sich!

Nach einem letzten Blick auf die Küste rund um Port de Centuri starteten wir die Weiterfahrt nach Süden.

Blick auf die vorgelagerte Insel Îlot de Capense
Au revoir, Port de Centuri

Bis nach Saint-Florent sind es von hier aus nur knapp 60 km, die es jedoch in sich haben – zum einen wegen der schönen Ausblicke auf die steil ins Meer abfallende Küste und die kleinen Dörfer, die am Berg zu kleben scheinen, zum anderen wegen der kurvigen Straße, die einiges an Konzentration erfordert.

Sobald sich etwas Platz bot, haben Winzer die Hänge des Cap Corse für den Weinbau erschlossen, eine zusätzliche Einnahmequelle neben dem Tourismus.

Weinanbau in Baragogna
Die D80 schlängelt sich entlang der Westküste

Nach kurzer Fahrt erreichten wir den hoch über dem Meer gelegenen Ort Pino, der auf einen Genueserturm und ein Franziskanerkloster aus dem 15. Jahrhundert hinab blickt, die beide zum Verfall freigegeben sind.

Blick auf Pino
Westküste

Kurz vor Nonza steht die Ruine eines ehemaligen Schiefer- und Asbestwerks. Bis 1965 wurde hier Asbest abgebaut, bevor man wegen andernorts günstigerer Produktionskosten das Werk schloss – nicht die Sorge um die Gesundheit der Arbeiter beendete den Abbau auf Korsika. Man kippte die Überreste einfach ins Meer, was ein Grund dafür ist, dass der Strand von Nonza heute schwarz (und menschenleer) ist. Die Schließung des Werks führte zu einem rapiden Bevölkerungsschwund an der Westküste von Cap Corse, alternative Erwerbsquellen gab es zu damaliger Zeit weitestgehend keine.
Was genau mit der Industrieruine passieren soll, ist noch nicht entschieden. So zeugt das Gebäude von einer längst vergangenen Zeit, in der es noch keinen Tourismus am Cap Corse gab.

Nonzas ehemalige Asbestfabrik (bis 1965)
Nonza vom Norden kommend – mit leerem Asbeststrand …
… und von der südlichen Seite aus betrachtet

Kurz vor 19 Uhr erreichten wir Saint-Florent, von Franzosen auch Saint-Tropez von Korsika genannt. Boutiquen, Souvenirshops, Restaurants und Bars reihen sich um den Hafen der Stadt, in dem unzählige Motor- und Segelyachten liegen. Der Tourismus hat die Stadt in den Sommermonaten voll im Griff.

Blick auf den Hafen von Saint-Florent
Hier wachsen die Bäume durchs Dach
Promenade von Saint-Florent

Nun war es höchste Zeit für’s Abendessen, nach kurzer Überlegung entschieden wir uns für das Restaurant Le Bectoir und wurden nicht enttäuscht.

Escalope de Veau Milanaise
Risotto aux poireaux, gambas et St Jacques

Zum Nachtisch gab es ein Zitronen-/Zitronen-Minz-Eis vom Maison Rovere. Der Verdauungsspaziergang führte zur Zitadelle, von wo sich ein schöner Ausblick auf die Altstadt bot.

Saint-Florent vom Gelände der Zitadelle aus
Zitadelle von Saint-Florent

Eineinhalb Stunden und viele Kurven später kamen wir mit zahlreichen schönen Eindrücken im Gepäck (und auf der Speicherkarte der Kamera) recht müde in Moltifao an.

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