Kurz nach 10 Uhr kam ein Pickup die Zufahrt zu unserer Unterkunft entlang gebraust: es handelte sich um Jean-Charles, Chrystelles Mann, der die Aufgabe hatte, uns zu verabschieden. Froh, mit uns Französisch reden zu können, plauderte er noch ein wenig. Als er hörte, dass wir die kommende Woche im Süden der Insel verbringen werden, empfahl er uns zwei Weingüter im Süden der Insel: Fiumicicoli und Saparale in der Nähe von Sartène – wir werden schauen, ob wir das in unser Besichtigungsprogramm integrieren können.
Heute standen knapp 3 Stunden Fahrt in den Süden der Insel nach Figari auf dem Programm. Nach einer halben Stunde machten wir jedoch noch in Corte Halt: Die Stadt mit der einzigen Universtität der Insel steht für den Kampf für die Unabhängigkeit Korsikas von Genua im 18. Jahrhundert. Die Zeit der Unabhängigkeit und des korsischen Staates dauerte lediglich von 1755-1769, bevor die Franzosen die Herrschaft über die Insel erlangten. In Zuge dessen wurde auch die Universität geschlossen und erst 1981 wiedereröffnet.
Wir fanden einen sehr günstigen Parkplatz (2 EUR für 5 Stunden) in direkter Nähe zur Zitadelle, die als Wahrzeichen über der Stadt thront. Am Fuß der Bergspitze hat der Turiner Architekt Andrea Bruno den Eingang zum Musée de la Corse entworfen, für dessen Eintritt man – zusammen mit dem Eintritt zur Zitadelle – 5,30 EUR zahlt.
Bevor wir die Zitadelle erklommen, schauten wir uns die aktuelle Ausstellung E Figure di a Corsica an, die sich den korsischen Symbolen und Allegorien von der Antike bis heute widmete: ein Thema war der schwarze Maurenkopf mit weißem Band im Haar, der auch auf der korsischen Flagge der Insel zu finden ist. Das Symbol wurde 1762 zum offiziellen Wappen für den Freiheitskampf der Korsen bestimmt.
Nebenbei sei erwähnt, dass der Fußballclub SC Bastia auch den Mauren in seinem Vereinswappen trägt – allerdings aktuell in der dritten französchen Liga.
Anschließend gingen wir durch die ethnographische Collection Doazan, die auf sehr ansprechende Art die unterschiedlichen Aspekte des korsischen Lebens präsentierte, wie die der religiösen Bruderschaften, der industriellen Geschichte, der Verarbeitung der Kastanien und der Münzprägung. Außerdem wurde die Geschichte des Tourismus auf Korsika anhand von Werbeplakaten gezeigt.
Danach war es Zeit, die Stufen hinauf zur Zitadelle zu erklimmen, von der man einen schönen Ausblick auf die Altstadt Cortes und die umliegenden Berge genießen kann, sofern die hohen Mauern den Blick zulassen.
Nach soviel Anstrengung mussten wir uns in den engen Gassen der Altstadt ein Café suchen. Der größte Touristenandrang fand auf dem Platz Gaffory statt: Dem Freiheitskämpfer Jean-Pierre Gaffory hat man in der Mitte des Platzes ein Denkmal gesetzt, das allerdings im Gewirr der Tische und Sonnenschirme fast untergeht. Wir ergatterten einen Tisch im Schatten in der Bar de la Haute-Ville und genossen eine kleine Stärkung in Form einer Platte mit einheimischen Schafs- und Ziegenkäse.
Im Anschluss spazierten wir Richtung Unterstadt, schauten nach einem Mitbrinsel in einigen der vielen Souvenirläden, wurden jedoch noch nicht fündig und gingen zum Auto zurück, um die Fahrt Richtung Süden fortzusetzen.
Auf der Weiterfahrt mussten wir einsehen, dass die App MAPS.ME, die wir gerne für Erkundungen von Städten nutzen, für die Navigation über Land weniger geeignet ist. Die von der App vorgegebene Strecke ab Porto-Vecchio endete irgendwann auf einer mit Schlaglöchern übersäten Piste im Nirgendwo – wir entschieden uns spontan für die Rückkehr zur Hauptstraße und nutzten im Anschluss die D859, um zu unserer Ferienwohnung nach Figari zu gelangen. Die Fahrt entlang der Ostküste war ansonsten eher unspektakulär, für Sonnenanbeter finden sich hier die schönsten Badebuchten.
Nach dem Einchecken in unserer Unterkunft gegen 17 Uhr machten wir noch ein paar Besorgungen im SPAR. Zum Abendessen sollte Pizza auf dem Programm stehen, nach der Begutachtung einiger Alternativen stand die Entscheidung für die Pizzeria A Suliata in der Nähe von Bonifacio fest. Als wir gegen 19 Uhr eintrafen, waren wir die ersten Gäste – auf der Terrasse mit Meerblick gab es jedoch nur noch einen freien Tisch für zwei Personen, den wir zum Glück ergattern konnten.
Die restlichen Gäste trudelten später ein, darunter auch eine vierzehnköpfige Schweizer Reisegruppe. Zwei der Mitglieder hatten ein gesticktes Emblem am Kragen ihres Hemdes: es handelte sich um den Renault Heck Club Suisse, der dem von 1946-1961 gebauten Renault 4CV gewidmet ist. Im Saarland sind die ersten Modelle aufgrund der sandbeigen Farbe auch unter dem Namen “Cremeschnittchen” bekannt. Auf dem Rückweg zum Parkplatz des Restaurants fanden wir dann auch ein paar herausgeputzte Modelle des Oldtimers vor.
Erwähnen sollten wir noch, dass Jochen sich einen landestypischen Aperitif in Form eines Pastis genehmigte – sicherlich das letzte Mal in näherer Zukunft – und die Pizza bis auf zu viele geschmorte Zwiebeln ausgesprochen gut geschmeckt hat.